Einleitung
Der erste Brief an den Bischof Damasus zu Rom blieb unbeantwortet. Man konnte schließlich vom Papste nicht erwarten, daß er sich mit jedem unbekannten Mönche aus dem Orient in einen Briefwechsel einließ. 1 Dazu hatte Hieronymus einen wunden Punkt, die antiochenischen Streitigkeiten, berührt, deren Tragweite man in Rom kaum erkannt hatte, die aber doch nicht so nebensächlich waren, daß Papst Damasus auf den Brief irgendeines Mönches hin endgültig Stellung nehmen konnte. Hieronymus wandte sich mit dem vorliegenden Brief erneut an das Oberhaupt der Gesamtkirche. Auch dieses Mal wissen wir nichts von einer Antwort. Inzwischen war unser Einsiedler durch verschiedene größere literarische Arbeiten bekannt geworden. Es ist daher ganz natürlich, daß ihn Papst Damasus zu einem auf 382 angesetzten Konzil nach Rom berief, auf dem die antiochenische Angelegenheit geregelt werden sollte. Der Lateiner Hieronymus war ein willkommener Sachverständiger. Als solcher konnte er auch im Verfahren gegen die Apollinaristen, das dem gleichen Konzil vorbehalten war, gelten, hatte er doch persönlich des Apollinaris Lehrvorträge gehört. Inzwischen hatte Damasus auch Gelegenheit, die wissenschaftliche Befähigung des hl. Hieronymus kennenzulernen, der ihm 381 eine exegetische Abhandlung S. b88 über die Vision des Propheten Isaias von den Seraphim und der glühenden Kohle gewidmet und übersandt hatte. 2 In Rom gestalteten sich dann die Beziehungen zwischen den beiden hervorragenden Männern recht eng. Hieronymus wurde der Vertraute, der „Staatssekretär“ und auch der wissenschaftliche Berater des Papstes. 3
Auch dieser Brief fällt in die Zeit zwischen 376—379. Er ist mit Rücksicht auf die schwierigen Verkehrsverhältnisse und die gebotene Anstandsfrist etwa ein Jahr später anzusetzen als der voraufgegangene Brief.
