1.
Dem wahrhaft heiligen Herrn und ehrwürdigen Bischof Augustinus entbietet Hieronymus Heil im Herrn.
Euere Gnaden übersandten mir auf einmal durch den Diakon Cyprian drei Briefe oder richtiger gesagt drei kurze Büchlein. Sie enthalten, wie Du es ausdrückst, verschiedene Anfragen, die aber nach meinem Empfinden als Bemängelung meiner Arbeiten anzusehen sind. Eigentlich erheischt ihre Beantwortung ein ganzes Buch. Immerhin will ich versuchen, soweit es an mir liegt, den Rahmen eines längeren Briefes nicht zu überschreiten und den eiligen Bruder nicht allzulange warten zu lassen, der drei Tage vor seiner Abreise von mir diesen Brief anforderte. So muß ich denn, während er bereits reisefertig dasteht, den ganzen Brief diktieren ohne die erforderliche ruhige Überlegung. Das abwägende Urteil wird unter der Hast des Diktates leiden müssen, die oft die Worte nicht nach den Gesetzen der Wissenschaft abwägt, sondern sie dem Zufall überläßt. Meine Lage gleicht der jener tapferen Soldaten, welche von einem plötzlichen Kampfe überrascht in Verwirrung geraten und zur Flucht gezwungen werden, ehe sie die Waffen ergreifen können.
