Ueber die Busse.
Die in unserer Sammlung nun folgende Schrift handelt nicht über die Вuße im engeren Sinne, als sakramentalen und liturgischen Akt, sondern der Verfasser nimmt Poenitentia im weitesten Sinne, was mit S. 94 Bekehrung zu übersetzen ist. Die Kirchenbuße heißt bei ihmexomologesis. Diese Schrift analysiert nämlich die Sinnesänderung, welche bei allen denen vor sich gehen muß die das Christentum annehmen. Sie ist also für Katechumenen geschrieben, wie auch aus den Kap. 6 gebrauchten Ausdrücken hervorgeht, und stellt sich dar als eindringliche Ermahnung eines Katecheten, welcher seine heidnischen Schüler von der Notwendigkeit einer gründlichen und ernstlichen Sinnesänderung überzeugen will, bevor sie die Taufe empfangen. Sie bekämpft insbesondere den Leichtsinn derer, welche glaubten, während des Katechumenats das Leben noch genießen zu dürfen. Wer in der Schrift De poenitentia eine theologische Arbeit über Buße und Bußpraxis zu finden hofft, wird sich getäuscht sehen, sie ist nur aszetisch und paränetisch. Die Schrift De oratione und sogar die De baptismo bieten in jener Hinsicht mehr; hier spricht nur der um eine totale Besserung seiner Katechumenen besorgte Bußprediger.
Wichtig ist die Schrift und besonders noch bemerkenswert als eine der wenigen, welche sich genau datieren lassen. Sie ist nämlich verfaßt kurz nach dem verheerenden Ausbruch eines feuerspeienden Berges, der schon früher Städte zerstört hatte. Das betreffende Naturereignis kann kein anderes sein als der Ausbruch des Vesuvs, den Dio Cassius in seinem Geschichtswerk 76, c. 2 schildert und auf welchen, wie daselbst bemerkt wird, bald der Sturz und die Hinrichtung des Plautian, des Schwiegervaters Caracallas, folgte, am 22. Januar 205 (s. oben allgemeine Einleitung S. XVIII). Durch diese Bemerkung ist die Abfassungszeit der Schrift De poenitentia in das Jahr 204 n. Chr. gerückt.
