Dritter Artikel. In alle Menschen, die von Adam abstammen, geht über die Erbschuld.
a) Dagegen spricht: I. Der Tod ist die entsprechende Strafe der Erbsünde. Nicht alle aber, die vom Samen Adams sind, werden sterben; wie Paulus schreibt 1. Thess. 4.: „Wir, die wir leben, werden bei der Ankunft des Herrn nicht zuvorkommen denen,die entschlafen sind.“ Also die bei der Ankunft des Herrn am letzten Tage sich lebend finden, werden nicht sterben. Nicht also hatten sie die Erbsünde. II. Keiner giebt dem anderen, was er nicht hat. Der Getaufte aber hat nicht die Erbsünde. Also pflanzt er sie nicht fort. III. Das Geschenk Christi ist größer wie die Sünde Adams, nach Röm. 5. Das Geschenk Christi geht aber nicht über in alle Menschen; also auch nicht die Sünde Adams. Auf der anderen Seite heißt es Röm. 5.: „Der Tod ist auf alle übergegangen, indem alle gesündigt haben.“
b) Ich antworte, nach dem katholischen Glauben sei fest daran zu halten, daß alle Menschen, außer Christus allein, die Erbsünde haben. Sonst würden sie nicht der Erlösung bedürfen, die da sich vollzieht durch Christum; was ein Irrtum ist. Der Grund davon ist bereits gegeben. Von Adam nämlich wird die Erbschuld fortgepflanzt in die Nachkommen, so wie vom Willen der Seele vermittelst der Bewegung der Glieder fortgepflanzt wird die eigene persönliche Sünde auf die Glieder des Körpers. Offenbar aber kann diese eigene persönliche Sünde fortgepflanzt werden auf alle Glieder, die von Natur aus geeignet sind, von seiten des Willens in Bewegung gesetzt zu werden. Also wird auch die Erbschuld fortgepflanzt auf alle, welche vermittelst der bewegenden Kraft der Zeugung von Adam her erreicht sind.
c) I. Wahrscheinlicher ist, daß alle, die bei der Ankunft des Herrn sich am Leben finden werden, sterben und dann gleich wieder auferstehen. Doch darüber im III. Teile. Sollte aber die andere Meinung wahr sein, so muß man sagen, diese trügen wohl die Schuld des Todes in sich; aber Gott habe ihnen die Strafe erlassen, da er ja auch die für die persönlichen Sünden verdienten Strafen erlassen kann. II. Die Taufe nimmt die Erbsünde fort mit Rücksicht auf die Schuld in der Seele; denn die Seele gewinnt die Gnade wieder. Die Erbsünde bleibt aber dem thatsächlichen Sein nach mit Rücksicht auf den Fleischesstachel, der da ist die Unordnung in den niederen Kräften der Seele und in den Gliedern des Körpers selbst, wonach der Mensch zeugt; denn er zeugt nicht gemäß dem vernünftigen Geiste. Und deshalb pflanzen die Getauften die Erbschuld fort. Denn die Eltern zeugen nicht, insoweit sie erneuert sind durch die Taufe, sondern insoweit sie etwas beibehalten von der alten Sünde. III. Wie die Sünde Adams sich auf alle fortpflanzt, die gemäß dem Körper von Adam gezeugt find,so pflanzt sich die Gnade Christi in alle fort, die durch den Glauben und die Taufe geistig von Ihm erzeugt sind; und zwar nicht nur, damit die Erbschuld getilgt werde, sondern auch zur Auslöschung der persönlichen Sünden und zur Einführung in die Herrlichkeit.
