Zweiter Artikel. Bischöfe und Kleriker dürfen nicht in den Krieg ziehen, um zu kämpfen.
a) Es scheint dies erlaubt zu sein. Denn: I. Die Kriege sind gerecht, insoweit die armen geschützt und der ganze Staat verteidigt wird. Das geht aber die Bischöfe ganz besonders an, nach Gregor (14. hom. in Evgl.): „Der Wolf bricht in den Schafstall ein, wenn ein beliebiger Ruchloser und Räuber die gläubigen und armen bedrückt. Dann flieht jener, der da Hirt schien und es nicht war, und verläßt die Schafe; er getraut sich nicht zu widerstehen, weil er für sich selber fürchtet.“ Also gerade die geistlichen Hirten müssen kämpfen. II. Leo IV. (23, 98. c. Igitur) schreibt: „Da oft schlechte Nachrichten kamen über die Saracenen, verkündeten einzelne, sie würden nächstens in den Hafen Roms einlaufen und zwar heimlich. Da haben wir unser Volk versammelt und haben beschlossen, zum Meeresgestade hinabzusteigen.“ Also wollte der Papst kämpfen. III. Die Bischöfe können den Rat geben, Krieg anzufangen. Dasselbe aber ist es, etwas anzuraten und, es selber thun; denn „nicht nur jene sind des Todes schuldig, die das thun, sondern auch die ihnen beistimmen bei diesem Thun,“ sagt im allgemeinen Paulus (1. Röm. 32.) So hat z. B. (23, 9. 8. c. Hortatu) Karl d. Gr. auf Anraten des Papstes Hadrian den Krieg gegen die Longobarden unternommen. IV. Was an sich ehrbar ist, das ist den Klerikern ebenfalls erlaubt. So verhält es sich aber mit dem Kriegführen; denn l. c. cap. Omni timore heißt es: „Wer für die Wahrheit des Glaubens, für die Verteidigung des Vaterlandes und für die Beschützung der Christen fällt, wird ewigen Lohn bei Gott erhalten.“ Auf der anderen Seite sagt der Herr zu Petrus (Matth. 26.): „Stecke dein Schwert in die Scheide.“
b) Ich antworte, zum Besten der ganzen menschlichen Gesellschaft seien viele Dinge notwendig. Nicht einer aber kann all dieses Verschiedene thun; das geschieht besser durch verschiedene, nach 1. Polit. 1. Manche Obliegenheiten nun sind so einander entgegengesetzt, daß sie nicht zugleich ausgeübt werden können. Kriegerische Übungen zumal sind durchaus im Gegensatze zu den Obliegenheiten der Bischöfe und Kleriker und zwar wegen zweierlei: 1. weil solche Übungen viele Unruhen mit sich bringen und somit die Betrachtung der göttlichen Dinge hindern sowie das Gebet für das Volk, was den Klerikern obliegt; wie also aus dem nämlichen Grunde Handelsgeschäfte den Klerikern untersagt werden (nach 2. Tim. 2, 4.), so auch thatsächliche Teilnahme am Kriegführen; — 2. weil alle Kleriker geweiht werden, um am Altare zu dienen, wo unter den Formen des Sakramentes das Leiden Christi unblutigerweise erneuert wird, nach 1. Kor. 11.: „So oft ihr dieses Brot esset und dieses Blut trinket, sollt ihr den Tod des Herrn verkündigen, bis er kommt.“ Deshalb kommt es ihnen nicht zu, Blut zu vergießen; sondern bereit zu sein, daß sie ihr eigenes Blut vergießen. Deshalb werden jene Kleriker, die, wenn auch ohne Sünde, Blut vergossen haben, irregulär, d. h. unfähig, am Altare zu dienen. Niemandem aber ist etwas erlaubt, was mit den Obliegenheiten seines Standes sich nicht verträgt.
c) I. Die geistlichen Vorsteher müssen ebenfalls entgegentreten denen, welche körperlich die Gläubigen bedrängen; aber nicht mit dem Schwerte in der Hand, sondern mit geistigen Waffen, wie fromme Ermahnungen, im Notfalle die Exkommunikationen das sind; nach 2. Kor. 10.: „Die Waffen unseres Kriegsdienstes sind keine fleischlichen, sondern die Macht, welche Gott gehört.“ II. Die Kleriker können mit Erlaubnis der Bischöfe den Kriegen beiwohnen; nicht aber um selber zu kämpfen, sondern um den kämpfenden geistigerweise zu helfen, wie auch Jos. 6. geboten wird, die Priester sollten im Kriege in die Trompeten stoßen, d. h. heilsame Ermunterungen geben. Daß Bischöfe und Kleriker mit eigener Hand kämpfen, ist ein Mißbrauch. III. Jede Fähigkeit oder Kunst oder Tugend, welcher der Zweck angehört, kann Verfügungen treffen im Bereiche des Zweckdienlichen. Die Kriege aber sind bei einem gläubigen Volke hinzuleiten, wie zum letzten Endzwecke, zum Heile der Seele, also zum göttlichen Gute, dem die Kleriker unmittelbar dienen. Den Klerikern also liegt es ob, dazu anzuleiten, daß man gerechte Kriege führe. Nicht weil Kriegführen Sünde ist, wird es den Klerikern untersagt, daran teilzunehmen, sondern weil es zu ihrem Amte nicht paßt. IV. Gerechte Kriege zu führen, ist an sich verdienstvoll; für die Kleriker aber ist die Teilnahme daran unerlaubt, weil ihre Obliegenheiten höher und verdienstvoller sind. So kann der eheliche Akt verdienstvoll sein; und doch ist er denen, die Jungfrauschaft gelobt haben, verboten, weil sie für ein höheres Gut verpflichtet sind.
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