Sechster Artikel. Die Allmacht und die beste Welt.
a) Gott scheint nichts Besseres machen zu können wie Er macht. Denn: I. Was Gott wirkt, das wirkt Er mit Allmacht und Allweisheit. Desto besser aber ist etwas, je mächtiger und weiser die Kraft ist, welche es wirkte. Also kann Gott nichts Besseres machen. II. Augustin (3. Cont. Maximinum cap. 7.) sagt: „Wenn Gott einen Sohn erzeugen konnte, der Ihm gleich sei, und es nicht wollte, so war Er eifersüchtig. Dasselbe gilt, wenn Gott konnte Besseres machen und es nicht wollte. Eifersucht aber ist fern von Gott. III.Was im höchsten Grade und sehr gut ist, das hätte nicht besser werden können. Augustinus aber sagt (Enchir. cap. 10.): „Gut sind die einzelnen Dinge, die Gott geschaffen; aber seh, gut alles zusammen;“ weil aus allen Dingen zusammen die wunderbare Schönheit des All erwächst. Also das Gute, welches im All eingeschlossen ist, kann nicht besser sein. IV.Christus als Mensch ist voll der Gnade und Wahrheit; und den heiligen Geist hat Er ohne Maß. Er wenigstens also kann nicht besser sein. Die ewige Seligkeit heißt ebenso das höchste Gut und somit giebt es kein besseres. Auch die seligste Jungfrau ist erhaben über alle Chöre der Engel und kann somit nicht besser sein. Gott kann also nicht alles, was Er thut, noch besser machen. Auf der anderen Seite sagt Paulus (Ephes. 3, 20.): „Gott kann alles mit überfließender Güte machen als wir zu bitten oder zu verstehen vermögen.“
d) Ich antworte; man muß bei dieser Frage eine doppelte Güte in den Dingen unterscheiden: eine nämlich, welche dem Wesen des betreffenden Dinges eigen ist; wie z. B. vernünftig sein zur Natur des Menschen gehört; — und nach dieser Seite hin kann Gott kein Ding besser machen wie es ist, wenn Er auch ein anderes Ding machen kann, was dem Wesen nach besser ist. Er kann nicht machen, daß die Vierzahl größer ist als sie ist; sie wäre eben dann keine Vierzahl mehr, wenn eine Einheit hinzugefügt würde. Eine andere Güte aber ist die außerhalb der Natur des Dinges, wie z. B. daß der Mensch tugendhaft und weise ist; — und nach dieser Seite hin kann Gott die Dinge besser machen als sie sind. Wird also abgesehen von allen Bedingungen und Rücksichten, so muß einfach gesagt werden: Gott kann bessere Dinge machen wie diejenigen, die Er gemacht hat.
c) I. Wenn gesagt wird, Gott könne etwas Besseres machen wie Er macht, so kann dieses Wort „Besseres“ »l» Hauptwort verstanden werden; — und so ist das Gesagte wahr; denn Gott kann bessere Dinge machen wie ein jegliches von denen, die Er gemacht hat. Wenn aber dieses „besser“ Adverbium ist, so kann es 1. von seiten Gottes her ein Verständnis haben, der da wirkende Ursache ist; — und so ist es falsch: Gott kann nicht mit größerer Weisheit und Güte wirken. Dann kann 2. das Wort „besser“ als Adverbium von seiten des gemachten Dinges aus aufgefaßt werden; — und so ist der Satz richtig, wenn damit die wirkliche Seinsweise des Dinges berücksichtigt wird, wonach jegliches Ding immer vollendeter sein kann; er ist falsch, wenn das innere Wesen oder die Natur des Dinges in Frage kommt. II. Zum Wesen des Sohnes gehört es, daß er, einmal erwachsen, dem Gattungswesen gemäß dem Vater gleich ist. Zum Wesen der Natur aber gehört es nicht, daß sie besser ist als Gott sie gemacht hat. Demnach besteht da keine Ähnlichkeit. III. Das Weltall kann, vorausgesetzt daß die uns vorliegenden Dinge einmal in ihren Naturen bestehen, nicht besser sein wie es ist auf Grund der außerordentlich schönen Ordnung, in welcher das Beste des All besteht und die Gott den Dingen zugetheilt hat. Denn wenn da ein einzelnes Ding besser wäre, so würde die Harmonie der Ordnung darunter leiden; wie z.B. wenn eine Saite der Zither mehr als nötig angespannt wird, die Schönheit der Melodie gestört wird. Gott aber könnte andere Dinge machen; oder andere hinzufügen zu denen, die gemacht sind; — und so wäre ein besseres Weltall vorhanden. IV. Die Menschheit Christi, insoweit sie mit Gott vereint ist; die ewige Seligkeit, insoweit sie Gottes Anschauung genießt; die seligste Jungfrau, insoweit sie Gottesmutter ist, besitzen dadurch eben eine unendliche Würde auf Grund des unendlichen Gutes, das Gott selber ist; und von dieser Seite her kann nichts Besseres von Gott ausgehen, weil eben nichts besser sein kann wie Gott.
