Zweiter Artikel. Die Anbetung schließt eine Thätigkeit des Körpers ein.
a) Dies scheint nicht der Fall zu sein. Denn: I. Joh. 4. heißt es: „Die wahren Anbeter werden anbeten im Geiste und in der Wahrheit.“ II. „Anbetung“ kommt vom Beten. Das Beten aber ist in erster Linie ein innerlicher Akt, nach 1. Kor. 4. III. Körperliche Thätigkeiten beziehen sich auf die Kenntnis der Sinne, Gott aber erreicht man nur vermittelst des vernünftigen Geistes. Auf der anderen Seite heißt es Exod. 20.: „Du sollst sie nicht anbeten und sie nicht verehren,“ wozu die Glosse bemerkt: „Weder mit der Hinneigung sollst du sie verehren, noch der äußerlichen Gestalt nach anbeten.“
b) Ich antworte, aus einer doppelten Natur zusammengesetzt müssen wir eine doppelte Anbetung Gott darbringen, nämlich eine geistige oder innerliche, welche in der inneren Andacht des Geistes besteht; und eine äußerliche, welche sich in der Verdemütigung des Körpers vollzieht. Durch die äußerlichen Zeichen der Gottesverehrung soll unser Geist angeregt werden, daß er sich Gott unterwerfe; denn durch das sinnlich Wahrnehmbare sollen wir vorgehen zum geistig Erlennbaren.
c) I. Die körperliche Anbetung geht vom Geiste aus und bezweckt ihrerseits wieder die Erbauung des Geistes. II. Wie das Gebet an erster Stelle im Innern ist und an zweiter erst in den Worten, so besteht die Anbetung zuvörderst und maßgebenderweise in der innerlichen Hochachtung und an zweiter Stelle erst in körperlichen Zeichen. Deshalb beugen wir die Kniee und bekennen damit unsere Schwäche mit Rücksicht auf Gott; wir strecken uns nieder auf dem Boden und bekennen damit, wir seien aus uns selber nichts. III. Durch sichtbare Zeichen wird unser Geist angeregt, daß er zu Gott hinstrebt.
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