Dritter Artikel. Die Anbetung erfordert einen bestimmten Ort.
a) Dagegen spricht: I. Joh. 4.: „Es kommt die Stunde, wann ihr weder in Jerusalem noch auf diesem Berge Gott anbeten werdet.“ II. Die äußere Anbetung hat zum maßgebenden Zwecke die innere; diese aber geschieht überall, wie Gott überall existiert. III. Der eine Gott wird im Alten wie im Neuen Testamente angebetet. Also müßten wir nach Westen hin anbeten, denn die Thüre der Stiftshütte ging nach Osten. (Exod. 26.) Auf der anderen Seite „wird mein Haus ein Bethaus genannt werden,“ sagt der Herr Luk. 19.
b) Ich antworte, maßgebend sei die innere Anbetung; nur nebenbei bestehen äußere Zeichen. Der Geist nun erfaßt Gott als an keinen Ort gebunden; körperliche Zeichen aber müssen gemäß einer bestimmten Lage an einem bestimmten Orte sein. Nicht also ist ein bestimmter Ort zur Anbetung von vornherein notwendig; aber eine gewisse Schicklichkeit erfordert einen solchen, wie alle anderen äußeren Zeichen.
c) I. Dies betrifft den verschiedenen Ritus der Juden in Jerusalem und der Samariter auf dem Berge Garizim. Beide Riten verloren ihre Berechtigung, als die Wahrheit des Evangeliums kam; gemäß dem „an jedem Orte man Gott dem Herrn opfert.“ (Malach. 1.) II. Ein bestimmter Ort wird für die anbetenden erfordert; nicht aber als ob Gott an einen Ort gebunden wäre; — und zwar 1. weil dieser Ort geweiht ist, somit eine besondere Andacht den Betern einflößt und diese demgemäß da besser erhört werden, nach 3. Kön. 8.; — 2. weil da noch andere Geheimnisse und heilige Zeichen sich vollziehen; — 3. weil da viele beten und somit das Gebet mehr erhört wird, wie der Herr sagt Matth. 18.: „Wenn zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, so bin ich mitten unter ihnen.“ III. Gemäß einer gewissen Schicklichkeit beten wir nach Osten hin gewendet; und zwar 1. weil uns damit die göttliche Majestät angezeigt wird, wie sie sich in der Bewegung der Sonne offenbart, die im Osten aufgeht; — 2. weil das Paradies im Osten gelegen war, nach Gen. 2. (Septuaginta) und wir nun dahin zurückzukehren trachten; — 3. weil Christus, das Licht der Welt, als Oriens, als aufgehende Sonne bezeichnet wird bei Zach. 6., Ps. 67, 34. und weil Er von Osten her kommen wird, um zu richten, nach Matth. 24.: „Wie der Blitz von Osten ausgeht, und leuchtet bis zum Westen, so wird auch sein die Ankunft des Menschensohnes.“
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