Fünfter Artikel. Die Sterndeuterei ist unerlaubt.
Dem steht entgegen: l. Die Ärzte sagen bei kränklichen Zuständen den Tod vorher. Ebenso sind die Himmelskörper der Grund von dem, was hier in der Welt geschieht (de div. nom. 4.), wie die Krankheit die Ursache des Todes ist. Also kann man infolge der Betrachtung der Himmelskörper Zukünftiges vorhersagen. II. Die menschliche Wissenschaft hat ihren Ursprung in Erfahrungen und Beobachtungen (Arist. 1, metaph. 1.) Durch viele Beobachtungen aber haben manche sich die Kunst erworben, Zukünftiges voraussagen zu können. Also ist Sterndeuterei erlaubt. III. Im Wahrsagen auf Grund der Sternkunde tritt keine Anrufung des Teufels dazwischen, sondern nur die Betrachtung der Kreaturen Gottes und ihres Einflusses. Also ist da nichts Unerlaubtes. Auf der anderen Seite schreibt Augustin (4. Conf. cap. 3.): „Jene Planetenkundigen, die man Mathematiker nennt, hörte ich nicht auf, um Rat zu fragen, weil sie, als ob es kein Opfer und kein Gebet zu irgend einem Geiste hin gebe, bei ihrem Wahrsagen gelenkt würden; und doch weist auch dies die christliche und die wahre Frömmigkeit zurück.“
b) Ich antworte, dem Wahrsagen, welches von eitler und falscher Thätigkeit ausgeht, mische sich, wie bereits gesagt worden, die Wirksamkeit des Teufels bei, damit er die Seelen der Menschen der leeren Eitelkeit und Falschheit zuwende. Eitel und falsch aber ist eine Meinung, welche aus Sternen solches Zukünftige vorhersagen will, was in keiner Weise vorher erkannt werden kann. Es muß also erwogen werden, was denn für Zukünftiges aus der Betrachtung der Sterngebilde heraus erkannt werden kann. Was nun mit Notwendigkeit als Wirkung sich aus den Sternen ergibt, das kann offenbar vorhererkannt werden; wie die Astronomen die zukünftigen Sonnenfinsternisse vorhersagen. Mit Bezug aber auf derartige Kenntnis zukünftiger Ereignisse aus der Betrachtung der Sterne haben verschiedene Verschiedenes behauptet. Denn manche sagten, daß die Sterne vielmehr Zeichen sind als Ursachen dessen, was infolge der Betrachtung derselben vorausverkündet wird. Das ist jedoch grundlos. Denn jedes körperliche Zeichen ist entweder die Wirkung dessen, wovon es das Zeichen ist (wie der Rauch das Feuer bezeichnet, durch das es verursacht wird); — oder es ist die Ursache dessen, wovon es Zeichen ist; — oder es geht von der nämlichen Ursache aus; und so bezeichnet es, während es auf die Ursache hindeutet, folgegemäß auch die Wirkung, wie der Regenbogen z. B. bisweilen heiteres Wetter bezeichnet, weil die Ursache dessen ihn bewirkt, was ebenso vom heiteren Wetter der Grund ist. Nun kann nicht gesagt werden, daß die Konstellationen am Firmamente und die Bewegungen der Himmelskörper Wirkungen zukünftiger Begebnisse sind; — und desgleichen kann man nicht sagen, sie kämen von einer mit den zukünftigen Begebnissen gemeinsamen Ursache, die eine körperliche sei; — wohl aber können sowohl die Konstellationen wie auch die zukünftigen Begebnisse auf eine einige gemeinschaftliche Ursache zurückgeführt werden, welche die göttliche Vorsehung ist. Nun werdendie Bewegungen und die Verbindungen der Himmelskörper anders von der göttlichen Vorsehung geleitet wie die zufälligen Ergebnisse der Zukunft. Denn in jenen herrscht Notwendigkeit; nach durchaus notwendigen Gesetze nämlich werden sie geleitet, so daß sie immer und auf die gleiche Weise sich ergeben; in diesen aber herrscht Zufall und Mannigfaltigkeit, bald kommen sie so, bald anders. Also können zuvörderst in jedem Falle die zukünftigen Begebnisse aus der Betrachtung der Sterngebilde nicht anders vorhererkannt werden, als wie aus den Ursachen die Wirkungen vorhererkannt werden. Damit ist aber von selbst gegeben, daß zwei Arten zukünftiger Begebnisse nicht von den Sternkundigen vorhergewußt werden können; denn sie entziehen sich der verursachenden Kraft der Sterne: 1. Alles, was innerhalb der Natur absichtslos, d. h. ohne direkte natürliche Ursache oder zufällig geschieht; wie z. B. daß jemand, der ein Grab graben will, einen Schatz findet; oder daß, während ein Stein zur Erde fallt, ein Erdbeben statthat. Solche Verbindungen also wie „ein Grab graben und einen Schatz finden — oder wie des Fallens eines Steines und eines Erdbebens“ haben in der Natur keine Ursache und zumal nicht in den Himmelskörpern, deren Natur ja in jedem Falle immer auf dasselbe hin gerichtet ist und immer dasselbe thut; wie ja auch ihr Princip, die innere bestimmende Wesensform, immer das eine nämliche ist. Der verursachenden Kraft der Himmelskörper sind 2. entgegen die freien Willensakte. Denn die Vernunft und folgegemäß auch der Wille ist ein Vermögen, dessen wesentliche Thätigkeit sich ohne körperliches Organ vollzieht. (3 de anima.) Kein Körper aber kann etwas verursachen in etwas Nicht Körperlichem. So sagt Aristoteles (2. de anima), jene unterschieden den Sinn nicht von der Vernunft, die da meinten „so beschaffen sei der Wille in den Menschen, wie ihn verursacht von Tag zu Tag der Vater der Götter und Menschen,“ nämlich die Sonne oder das Firmament überhaupt. An und für sich also können die Himmelskörper nicht die Ursache der freien Willensakte sein. Sie können jedoch als vorbereitende Ursachen sie beeinflussen; insoweit sie im menschlichen Körper etwas verursachen und somit auf die Sinneskräfte Einfluß gewinnen, die ja einerseits Thätigkeiten körperlicher Organe sind und andererseits der menschlichen Thätigkeit eine gewisse Neigung eindrucken. Weil aber doch an letzter Stelle die Sinneskräfte im Menschen von Natur geeignet sind, der Vernunft zu gehorchen, so wird von ihnen aus dem freien Willensakte keine Notwendigkeit aufgelegt; sondern es kann gegen alle Hinneigung und gegen allen Einfluß, der von den Himmelskörpern ausgeht, der Menfch kraft seiner Vernunft wirken. Wer also der Betrachtung der Gestirne sich bedient, um zufällige Begebnisse der Zukunft vorherzuerkennen oder mit Gewißheit die Werke der Menschen vorherzuwissen, der geht von einer falschen, eitlen Meinung aus; und so mischt sich der Einfluß des Teufels hinein, so daß ein solches Wahrsagen abergläubisch und unerlaubt sein muß. Wer aber der Erforschung der verursachenden Kraft der Sterne sich bedient, um Trockenheit oder Nässe u. dgl, vorherzusagen, Dinge, welche daraus als aus den Ursachen hervorgehen, so ist ein solches Wahrsagen nicht unerlaubt und abergläubisch.
c) I. Damit beantwortet. II. Daß die Astrologen häufig Wahres vorhersagen, kommt 1. daher, daß viele Menschen den sinnlichen Leidenschaften folgen und somit ihre freien Wlllensakte gemäß der von den Himmelskörpern verursachten Hinneigung. sich vollziehen; wenige aber, nämlich die Weisen, lenken diese Einflüsse der Himmelskörper in sich selber durch die Vernunft, „sie beherrschen die Gehirne“; zumal also in jenen Begebnissen, die von der großen Menge abhängen, sagen die Astrologen Wahres vorher; — 2. daher, daß die Dämonen sich einmischen. Deshalb sagt Augustin (2. sup. Gen. ad litt. 17.): „Man muß bekennen, daß, wenn die Astrologen Wahres sagen, sie dies infolge eines sehr verborgenen Antriebes thun, welchen die menschlichen Seelen, ohne es zu wissen, erleiden; es geschieht dies, um die Menschen zu täuschen, kraft der Thätigkeit der unreinen Geister, die verfuhren wollen und denen gestattet ist, manches Wahre über zeitliche Dinge zu wissen… Deshalb muß sich der gute Christ sowohl vor den Astrologen als auch vor beliebigen gottlosen Wahrsagern und zumal dann, wenn sie Wahres sagen, hüten; damit er nicht durch die Gesellschaft mit den Teufeln angetrieben die getäuschte Seele in eine Übereinkunft mit ihnen verwickelt.“ III. Damit beantwortet.
