Dritter Artikel. Auch für geistige Handlungen darf man Geld weder geben noch nehmen.
a) Dagegen spricht: I. Der Gebrauch der Prophetengabe ist eine geistige Handlung. Dafür wurde aber nach 1. Kön. 9. und 3. Kön. 14. Geld gegeben. II. Gebet, Predigt etc. sind geistige Handlungen. Dafür aber wird heiligen Männern Geld gegeben, nach Luk. 16.: „Machet euch Freunde mit dem ungerechten Mammon.“ Predigern wird ebenfalls nach 1. Kor. 9. zeitlicher Lohn gegeben; ebenso denen, die in den Kirchen das Lob Gottes singen und manchen anderen derartigen. III. Die Wissenschaft ist etwas Geistiges. Für deren Gebrauch aber giebt man Geld; wie z. B. dem Advokaten, damit er seinen gerechten Schutz verkaufe; dem Arzte, daß er heile etc. Also darf man für geistige Handlungen Geld geben und nehmen. IV. Der Orden ist ein Stand geistiger Vollkommenheit. In manchen Orden aber wird von den aufzunehmenden etwas genommen. Auf der anderen Seite heißt es (1 Qq. 1. cap. 101.): „Was auch immer aus dem Troste geistiger unsichtbarer Gnaden sich ergiebt, das muß man um keinen, auch noch so hohen, Preis und um keiner Einkünfte willen feilhalten wollen.“
b) Ich antworte, wie die Sakramente, so werde manches Andere als geistig bezeichnet, weil es zur geistigen Gnade vorbereitet oder aus ihr hervorflließt; was jedoch durch den Dienst der Menschen dargeboten wird. Verkaufen also das, was in den entsprechenden Handlungen an geistigem Inhalte sich findet, ist Simonie. Da aber „niemand auf eigene Kosten Kriegsdienste leistet … und wer die Herde weidet, von der Milch der Herde sich nährt,“ so ist es den Dienern der Kirche erlaubt, zum Lebensunterhalte gemäß Anordnungen der Kirche, etwas Zeitliches anzunehmen; so freilich, daß jede Absicht von Kauf und Verkauf des Geistigen fernbleibe und daß widerwilligen nichts abgenötigt werde durch die Entziehung des Geistigen; was zu sehr dem Verkaufen ähnlich sein möchte. Die höhere Obrigkeit kann, wenn das Geistige umsonst geleistet ist, von den widerwilligen, die aber zahlungsfähig sind, die festgesetzten Gaben und Einkünfte gesetzlich einfordern.
c) I. Die falschen Propheten machten Gelderwerb aus der vorgegebenen Prophetengabe; die wahren nahmen das freiwillig Dargebotene zu ihrem Lebensunterhalte. II. Die den armen etwas geben, damit diese für sie beten, wollen damit nicht das Gebet kaufen; sondern durch ihre Wohlthätigkeit das Gemüt der armen erregen, damit diese von freien Stücken und aus heiliger Liebe für sie beten. Was den Predigern gegeben wird, dient zu deren Unterhalt; nicht dazu, die Predigt zu kaufen. Deshalb sagt Augustin (de pastorib. 8.):„Bedürfnis ist es, anzunehmen, wovon man lebt; Liebe ist es, es zugeben; nicht aber käuflich ist das Evangelium, das wegen dieser Gaben etwa gepredigt würde; verkaufen sie so das göttliche Wort, so verkaufen sie eine wertvolle Sache um feilen Preis.“ Ebenso dient denen, die das Lob Gottes in der Kirche singen für die Lebenden und Verstorbenen, was gegeben wird als Beitrag zum Lebensunterhalte; dasselbe gilt von Prozessionen, Begräbnissen. Tritt in allem diesem ein Übereinkommen dazwischen, daß man es nicht thun würde ohne Bezahlung, oder die Absicht des Kaufens und Verkaufens von Geistigem, so ist dies Simonie. Also wäre die Anordnung in einer Kirche z. B. unerlaubt, daß niemand feierlich begraben würde, wenn er nicht so und so viel zahlte; denn eine solche Anordnung würde dies ausschließen, daß man andere umsonst feierlich begräbt. Man könnte aber anordnen, alle, die ein bestimmtes Almosen geben, würden feierlich begraben; denn damit ist nicht gesagt, daß man dieselbe Ehre nicht anderen erweist. Zudem hat die erstere Anordnung den Schein der Erpressung;die zweite den einer freiwilligen Entgeltung. III. Wem eine geistige Gewalt anvertraut wird, der ist infolge seines Amtes verpflichtet, diese seine Gewalt auszuüben; und für seinen Lebensunterhalt sind ihm Einkünfte seitens der betreffenden Kirche zugewiesen. Nimmt er also etwas für den Gebrauch der geistigen Gewalt, so versteht man darunter nicht, daß er seine Müheverwaltung vermietet, die er bereits ja aufwenden muß infolge seines Amtes; sondern daß er die Spendung der geistigen Gnade selber verkauft. Demnach dürfen solche für keine Amtshandlung etwas annehmen; ebenso nicht dafür, daß sie andere mit dem ihrem Amte Zukommenden beauftragen; und auch nicht dafür daß sie untergebenen bessern, züchtigen, erziehen oder davon ablassen. Nur wenn sie die untergebenen kanonisch visitieren, können sie etwas annehmen und zwar nicht als Preis ihrer Visitation, sondern als Erstattung der Auslagen. Wer aber Wissenschaft besitzt oder Ähnliches und damit kein Amt hat, welches ihm den Gebrauch und die Anwendung seiner Wissenschaft zur Pflicht macht; der kann rechtlich seine Mühewaltung vermieten. Damit verkauft er nicht das geistige Wissen, sondern nur seine Mühe im einzelnen besonderen Falle. Verpflichtet ihn aber schon sein Amt zu diesem Gebrauche der Wissenschaft, so würde er schwer sündigen, wenn er noch Geld für diesen selben Gebrauch nähme; er würde dann die Wahrheit verkaufen wollen. Sind also Personen in den Kirchen z. B. angestellt, um die jungen Kleriker oder um arme zu unterrichten und werden sie dafür von der Kirche bezahlt, so ist es ihnen nicht erlaubt, noch besonders von diesen etwas zu nehmen, damit sie dieselben unterrichten. IV. Für den Eintritt ins Kloster darf man nichts nehmen als Preis dafür. Ist aber das Kloster arm, so daß es nicht genügt, um so viele Personen zu unterhalten; so darf man etwas nehmen für den Lebensuntelhalt der Person, die eintreten will. Auch ist es erlaubt, jemanden, der auf Grund frommer Zuneigung zu selbem freigebig Almosen dem Kloster giebt, leichter aufzunehmen; wie man auch jemanden umgekehrt durch zeitliche Wohlthaten zur Zuneigung zum Kloster anregen darf, damit er geneigt werde, in dasselbe einzutreten. Aber es darf kein Übereinkommen stattfinden, daß man für den Eintritt in ein Kloster etwas giebt oder nimmt. Qq. 2. cap. Quam pio.)
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