Dritter Artikel. Die Standhaftigkeit gehört zur Beharrlichkeit.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Die Standhaftigkeit gehört zur Geduld, die ja von der Beharrlichkeit sich unterscheidet. II. Die Tugend richtet sich auf Schwieriges und Gutes. In kleinen Werken standhaft sein, ist aber nicht schwierig. In großen Werken standhaft sein, gehört zur Prachtliebe. Also gehört die Standhaftigkeit zur Prachtliebe. III. Wäre die Standhaftigkeit zur Beharrlichkeit gehörig, so bestände kein Unterschied zwischen beiden; denn beide besagen Unverrückbarkeit. Macrobius aber unterscheidet die Standhaftigkeit von der Festigkeit d. h. von der Beharrlichkeit. Auf der anderen Seite wird jemand standhaft genannt, weil er in etwas stehen bleibt. Verbleiben aber in etwas gehört zur Beharrlichkeit. Also gehört die Standhaftigkeit zur Beharrlichkeit.
b) Ich antworte, Standhaftigkeit und Beharrlichkeit kommen überein im Zwecke; denn beiden entspricht es, fest zu verbleiben in einem Gute. Die Beharrlichkeit aber festigt den Menschen gegen die.Schwierigkeit der langen Zeitdauer der betreffenden Thätigkeit; während die Standhaftigkeit festigt gegen andere von außen kommende Hindernisse. Da nun die Schwierigkeit, welche aus der langen Zeitdauer kommt, wesentlicher mit dem Akte der Tugend verbunden ist wie von außen kommende Schwierigkeiten; so ist die Beharrlichkeit ein bevorzugterer Teil der Stärke wie die Standhaftigkeit.
c) I. Von außen kommende Hindernisse für das Verbleiben in der guten Thätigkeit sind vorzugsweise Ursachen der Trauer, mit der die Geduld sich beschäftigt. Sonach kommt die Standhaftigkeit mit der Beharrlichkeit überein im Zwecke; in Anbetracht der Schwierigkeiten kommt sie überein mit der Geduld. Da der Zweck aber an der Spitze steht, so gehört schlechthin die Standhaftigkeit weit mehr zur Beharrlichkeit wie zur Geduld. II. In größeren Werken zu verharren, ist schwerer. In kleinen oder mittelmäßigen Werken lange auszuhalten hat seine Schwierigkeit zwar nicht von der großen Bedeutung der betreffenden Thätigkeit, auf welche vielmehr die Prachtliebe sich richtet; jedoch von der Langwierigkeit felber, welche von der Beharrlichkeit berücksichtigt wird. Die Standhaftigkeit kann also zu beiden Tugenden gehören. III. Die Standhaftigkeit kommt nach der einen Seite mit der Beharrlichkeit überein; ist aber nach der anderen hin von ihr unterschieden.
