Siebenter Artikel. Die Seelsorgepriester dürfen in den Ordensstand eintreten.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Gregor (Past. part. 3. cap. 1 et 5.) sagt: „Der Seelsorge übernimmt wird in schrecklicher Weise ermahnt, wenn gesagt wird: Mein Sohn, hast du für deinen Freund gutgesprochen, so hast du deine Hand bei einem Fremden festgelegt. Denn gutsprechen oder Bürgschaft leisten für einen Freund ist: die Seele eines anderen mit der Gefahr der eigenen übernehmen, sie leiten.“ Nun darf aber jemand, der eine Schuld hat, nicht in den Orden eintreten, ehe er die Schuld abträgt, wenn er kann. Da also ein Seelsorgepriester in der Seelsorge verharren muß, wozu er sich unter Gefahr der eigenen Seele verpflichtet hat, so darf er nicht der Seelsorge entsagen und in den Orden treten. II. Was einem freisteht, ist allen erlaubt. Wenn aber alle Seelsorgepriester in den Ordensstand träten, so wären die Gemeinden ohne Seelsorge und würden verkommen. III. Zumal das Predigen und Beichthören sind vorzügliche Thätigkeiten des Ordenslebens. Dies aber kommt den Seelsorgepriestern bereits kraft ihres Amtes zu. Also brauchen sie nicht in einen Orden zu treten. Auf der anderen Seite heißt es Decret. 10 Qq. 2. cap. Duae sunt leges: „Wenn ein Geistlicher in seiner Gemeinde unter dem Bischöfe das Volk leitet und in der Welt (saeculariter) lebt, so ist er kraft unserer Autorität frei, in einen Orden zu treten, auch gegen den Willen des Bischofes, wenn der heilige Geist ihn zum Ordensstande heilsamerweise beruft.“
b) Ich antworte, die Seelsorger seien nicht durch ein feierliches lebenslängliches Gelübde zur Seelsorge verpflichtet, wie dies bei den Bischöfen der Fall ist. Die Bischöfe also dürfen die Last des Hirtenamtes nicht ablegen ohne die Autorität des Papstes. (S. oben.) Die einfachen Seelsorger aber können ohne weiteres auf die ihnen übertragene Seelsorge verzichten. Also können sie offenbar in den Ordensstand treten.
c) I. Die Seelsorgepriester haben sich zur Sorge für die ihnen anvertrauten Seelen verpflichtet, solange sie ihre bestimmte Stelle inne haben; nicht aber haben sie sich verpflichtet, solche Stelle immer zu verwalten. II. Hieronymus schreibt (cont. Vigil. 6.): „Obgleich sie (die Ordensleute) von deiner Schlangenzunge die wildesten Bisse aushalten, so frägst du und sagst: Wenn nun alle sich in der Einsamkeit abschlössen, wer soll die kirchlichen Feiern abhalten? Wer soll die Weltleute gewinnen? Wer die Sünder zur Reue führen? Wenn nun alle mit dir Thoren geworden sind, wer soll dann weise sein können? Aber dann ist auch die Jungfräulichkeit nicht zu billigen. Denn wenn alle jungfräulich leben, wird das Menschengeschlecht zu Grunde gehen. Sei unbesorgt! Selten ist die Tugend und nicht die Menge trachtet nach ihr.“ Diese Furcht also ist thöricht. Oder fürchtet man, der Fluß wird kein Wasser mehr bieten, wenn einer daraus Wasser schöpft? III. Damit beantwortet.
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