Vierter Artikel. Die „notionalen“ Thätigkeiten und die Macht oder das Vermögen Gottes.
a) Es scheint nicht, daß in Gott ein Vermögen vorhanden sei, rücksichtlich der „notionalen“ Alte. Denn: I. Alles Vermögen ist leidend oder wirkend. Das erstere kann in Gott nicht sein (Kap. 25, Art. 1). Das letztere existiert nicht in einer Person rücksichtlich der anderen. II. „Vermögen“ wird gesagt mit Beziehung auf das, was möglich ist. Die göttlichen Personen aber sind nicht im Bereiche des Möglichen, sondern des Notwendigen. Also mit Rücksicht auf die „notionalen“ Alte, durch welche die göttlichen Personen hervorgehen, darf kein Vermögen in Gott gesetzt werden. III. Der Sohn geht als „Wort“ hervor; der heilige Geist als „Liebe“. Vermögen oder Macht aber ist in Gott mit Beziehung auf die Wirkungen, nicht mit Beziehung auf Erkennen und Lieben. (Kap. 25, Art. 1, ad III.) Auf der anderen Seite sagt Augustin (contra Maximinum haeret. lib. 3. c. 1. et 12.): „Wenn Gott Vater nicht zeugen konnte einen Sich gleichen Sohn: wo ist dann die Allmacht des Vaters?“ Also besteht in Gott ein Vermögen mit Rücksicht auf die „notionalen“ Thätigkeiten. 222.
b) Vermögen für einen Alt will nichts Anderes heißen als Princip des betreffenden Altes. In Gott aber werden „notionale“ Alte angenommen. Also ist da auch Vermögen dafür. „Vermögen“ im Vater ist also ebensoviel als Princip der Zeugung sein; und Vermögen in Vater und Sohn ist ebensoviel wie Princip des Hauchens sein. Denn Vermögen zu zeugen ist das, wodurch der Zeugende zeugt. Jeder, der da erzeugt, der erzeugt durch irgend etwas. Also muß in jedem Zeugenden ein Vermögen sein, zu zeugen; und im „Hauchenden“ ebenso ein entsprechendes Vermögen. 224.
c) I. Gleichwie in Gott gemäß den „notionalen“ Alten keine Person hervorgeht als etwas Gemachtes; so wird auch das Vermögen zu den „notionalen“ Alten nicht so genannt mit Rücksicht auf eine gemachte Person, sondern nur mit Rücksicht auf eine „ausgehende Person“. II. Das Mögliche, insofern es dem Notwendigen gegenübergestellt 227. wird, bezeichnet ein leidendes, bestimmbares Vermögen, was etwas werden kann oder auch nicht. Also nur so ist das „Mögliche“ in Gott, daß es im Notwendigen eingeschlossen wird. Und so kann gesagt werden, daß Gott sei, ist möglich; und ebenso, daß der Sohn gezeugt werde, ist möglich. III. „Vermögen“ will sagen „Princip“! Das Princip aber schließt einen Unterschied ein zwischen ihm und dem, was von ihm ausgeht. In den Aussagen über Gott wird nun ein doppelter Unterschied zu beachten sein: der eine dem wirklichen Sein nach, der andere gemäß der Auffassung allein. Dem wirklichen Sein nach wird Gott kraft seines Wesens unterschieden von den geschaffenen Dingen, deren Princip Er ist; — und ebenso besteht ein wirklicher Unterschied kraft der „notionalen“ Thätigkeit zwischen der einen Person in Gott und der anderen, deren Princip sie ist. Der Handelnde aber wird von seinem eigenen Handeln nur im Geschöpflichen dem wirklichen Sein nach unterschieden, wo das Handeln als wirkliches zum subjektiven Sein des Handelnden bestimmend hinzutritt. In Gott besteht kein solches Hinzutreten; es ist da kein Accidens; also wird da auch das Wirken vom Wirkenden nur unterschieden der Auffassung der Vernunft nach. Und deshalb kann Gott gemäß jenen Thätigkeiten, gemäß denen etwas von Ihm wirklich ausgeht, sei es bezüglich des Wesens (die Kreaturen) sei es bezüglich der Personen, ein wirkliches Vermögen zugeschrieben werden nach der eigenen Natur des Princips. Wie wir deshalb in Gott eine Macht setzen für das Schaffen, so auch eine für das Zeugen. „Erkennen“ und „Wollen“ aber sind keine solchen Thätigkeiten, welche bezeichnen, daß etwas von Gott ausgeht, was unterschieden wäre von dem, wovon es ausgeht. Somit besteht bezüglich darauf kein Vermögen als höchstens nach der Weise der Auffassung, inwiefern wir nämlich mit verschiedenen Worten bezeichnen die Vernunft und das Erkennen; während doch dem thatsächlichen Sein nach beides zusammenfällt. 230.
