Dritter Artikel. Die „notionalen“ Thätigkeiten werden immer von etwas wirklichem ausgesagt.
a) Das scheint nicht der Fall zu sein. Denn: I. Wenn der Vater den Sohn aus etwas Wirklichem zeugte, so geschähe das entweder aus Sich selber oder aus einem Anderen. Wenn das letztere; da das, wovon etwas gezeugt wird, im Gezeugten ist, so folgt, daß etwas dem Vater Fremdes, ein Anderes als was der Vater ist, im Sohne wäre. Und dies ist gegen Hilarius (7. de Trin.), der da sagt: „Nichts ist da Verschiedenes, nichts Fremdes.“ Wenn aber der Vater den Sohn aus 196. Sich selber zeugt, so folgt (da von dem, woraus etwas gezeugt wird, wenn es bleibt, das ausgesagt wird, was erzeugt wird; wie wir z. B. sagen, „der Mensch ist weiß,“ weil der Mensch als Mensch derselbe bleibt, wenn er aus einem nicht weißen ein weißer wird), daß der Vater entweder nicht mit dem Sohne verbleibt oder daß der Vater der Sohn ist. Also zeugt der Vater den Sohn aus Nichts. II. Das, woraus etwas erzeugt wird, ist Princip dessen, was erzeugt worden. Zeugt also der Vater den Sohn aus seinem Wesen oder aus seiner Natur, so folgt, daß das göttliche Wesen das Princip des Sohnes ist; nicht aber das bestimmbare Princip, wie aus Marmor ein Standbild wird; — also das thätige, zeugende Princip. Das ist aber oben verworfen worden, daß das göttliche Wesen zeugt. III. Augustin sagt (7. de Trin. c. 6.): „Die drei Personen sind nicht aus derselben Wesenheit;“ weil das Wesen nichts Anderes ist, als die Person. Die Person des Sohnes aber ist nichts Anderes wie das Wesen des Vaters. Der Sohn also ist nicht aus dem Wesen des Vaters. IV. Alle Geschöpfe sind aus dem Nichts. Der Sohn aber wird in der Schrift Kreatur genannt (Ekkli. 24, 5.): „Ich bin aus dem Munde des Höchsten hervorgegangen, die erstgeborene aller Kreatur,“ und darauf: „Vom Anfange an bin ich und vor den Zeiten bin ich geschaffen.“ Also ist der Sohn nicht aus etwas Wirklichem geschaffen, sondern aus Nichts. Dasselbe gilt vom heiligen Geiste, über den es Zach. 12. heißt: „Der Herr sprach, als Er den Himmel ausdehnte und die Erde gründete und den Geist des Menschen schuf,“ und Amos 4: „Ich bilde die Berge und forme den Geist.“ Auf der anderen Seite sagt Augustin (Fulg. I. de fide ad Petr. c. 1.): „Der Vater, der alleinige Gott, hat von seiner Natur gezeugt ohne Anfang den Sich gleichen Sohn.“ 202.
b) Ich antworte; der Sohn ist nicht gezeugt aus Nichts, sondern von der Substanz des Vaters. Es ist nämlich bereits dargethan worden, daß in Gott wahrhaft und wirklich Vaterschaft, Sohnschaft und Geburt ist. Das aber ist der Unterschied zwischen einer wahren Zeugung, wo jemand als Sohn hervorgeht und einer beliebigen Herstellung; daß wer etwas herstellt, dies aus einem außen befindlichen Stoffe macht, wie der Schreiner aus Holz die Bank; während der Mensch von und aus sich selbst einen Sohn zeugt. Wie der Künstler nun etwas macht aus einem außen befindlichen Stoffe, so macht Gott etwas aus Nichts; nicht als ob das Nichts eine Substanz würde, sondern weil von Gott die ganze Substanz eines Dinges hervorgebracht und nichts vorausgesetzt wird. Würde also der Sohn vom Vater hervorgehen, wie als ob Er vorher nichts gewesen wäre, so würde der Vater eben nur als Künstler walten. Also wäre auch der Sohn nicht eigentlich und wahrhaft Sohn, sondern nur wie ein Kunstwerk. Das würde aber gegen I. Joan. ult. 20. sein: „Damit wir sind in seinem wahren Sohne Jesu Christi.“ Der Sohn Gottes ist also gezeugt und nicht aus Nichts. Werden aber Manche als „Söhne Gottes“ bezeichnet, trotzdem sie aus dem Nichts gemacht worden sind, so haben sie diesen Namen im figürlichen Sinne kraft einer gewissen Ähnlichkeit mit dem wahrhaften Sohne Gottes. Letzterer wird also, weil Er der wahre Sohn Gottes kraft der göttlichen Natur ist, „Eingeborener“ genannt, wie es bei Joan. 1, 18. heißt: „Der Eingeborene, der im Busen des Vaters ist. Er selbst hat davon erzählt.“ Und insofern kraft der Ähnlichkeit mit Ihm Einige „Söhne Gottes“ genannt werden, als angenommene oder Adoptivsöhne, wird Er im figürlichen Sinne 204. 205. „Erstgeborener“ genannt: „Die Er vorhergewußt und vorherbestimmt hat,“ sagt der Apostel (R3m. 8, 29.), „ähnlich zu werden dem Bilde seines Sohnes, auf daß Er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.“ Übrig also ist allein, daß der Sohn Gottes gezeugt sei von der Substanz des Vaters; anders aber wie der Sohn eines Menschen. Denn ein Teil nur des Menschen, der zeugt, geht über in die Substanz dessen, der gezeugt ist. Die göttliche Natur aber ist unteilbar; also muß der Vater die ganze eine göttliche Natur mitteilen und nur der Unterschied gemäß dem Ursprünge darf bleiben. (Kap. 40, Art. 2.) 207.
c) I. „Von der Substanz des Vaters.“ Dieses „von“ bezeichnet das zeugende Princip, das mit dem Gezeugten die eine und gleiche Substanz hat; nicht das bestimmbare Materialprincip, aus dem etwas wird. Was nämlich aus dem Stoffe wird, das wird, indem es aus der Form, die es hat, in eine andere verändert erscheint. Die göttliche Substanz aber ist unveränderlich und unfähig, irgend eine neue Form anzunehmen. II. Wenn gesagt wird, der Sohn sei gezeugt von dem Wesen des Vaters, so bezeichnet dies nach dem Magister (5. Sent. I. dist.) die Beziehung des aktiven, thätigen Princips. Er sagt so: „Der Sohn ist gezeugt vom Wesen des Vaters, d. h. vom Vater, der das Wesen ist, wie Augustin (15. de Trin. 13.) sagt: Es ist dies so zu verstehen wenn ich sage, der Sohn ist gezeugt vom Vater, dem Wesen; als wenn ich sagte, sei gezeugt vom Wesen des Vaters.“ Das scheint aber nicht zu genügen, um den Sinn solcher Redeweisen festzustellen. Denn wir können sagen, daß die Kreatur ist vom Vater, dem Wesen; nicht jedoch „vom Wesen des Vaters“. Deshalb ist dies vielmehr so zu erklären. Das „von“ bedeutet immer die gleiche Substanz. Somit sagen wir nicht, das Haus sei „vom“ (de) oder „aus“ dem Erbauer, weil er als Ursache nicht dieselbe Substanz hat wie das Haus. Wir sagen aber „von“ oder „aus“, wo auch immer die gleiche Substanz gewahrt bleibt; mag es sich handeln um das thätige Princip, wie daß der Sohn vom Vater sei; oder um das materiale, wie das Messer vom Eisen ist; oder um das formale, wo die Wesensform aus sich selber für sich bestehen darf und nicht erst zu etwas im Sein.Verschiedenem hinzutreten, wie die Seele zum Leibe; also wie wir sagen könnten, der Engel sei von vernünftiger Natur. Und in dieerr letzteren Weise sagen wir, der Sohn sei von dem Wesen des Vaters, insofern das Wesen des Vaters, das Ihm durch die Zeugung mitgetellt worden, in Ihm für sich besteht. III. Wenn es heißt, der Sohn sei von dem Wesen des Vaters gezeugt, so ist mit diesem Ausdrucke der Unterschied gewahrt. Aber wenn man sagt, die drei Personen seien „vom“ Wesen Gottes, da ist nichts gesetzt, rücksichtlich dessen ein Unterschied gewahrt werden könnte. Deshalb paßt dieß nicht. IV. Der Satz: „Die Weisheit ist geschaffen,“ kann verstanden werden von der Weisheit, welche Gott in die Kreaturen hineingelegt hat; und nicht von der Weisheit, die der Sohn Gottes ist. Denn Eccli. 1, 9 heißt es: „Er selbst hat die Weisheit geschaffen im heiligen Geiste und Er hat sie ausgegossen über alles Fleisch.“ Und es ist auch durchaus nicht unzuträglich, daß in demselben Texte das eine Mal von der ewigen gezeugten Weisheit gesprochen wird, das andere Mal von der geschaffenen. Denn die geschaffene ist eine gewisse Teilnahme an der ungeschaffenen. Oder es kann auf jene geschaffene Natur bezogen werden, die der Sohn 213. Gottes angenommen hat, so daß der Sinn sei: „Von Anfang und vor allen Zeiten bin ich geschaffen,“ d. h. ich bin vor aller Kreatur vorherbestimmt worden, mit der Kreatur vereinigt zu werden. Oder es wird darin, daß die Weisheit „gezeugt“ und „geschaffen“ genannt wird, die Art und Weise der göttlichen Zeugung eröffnet. In der Zeugung nämlich empfängt das Gezeugte die Natur des Zeugenden; und das ist Vollkommenheit. In der Erschaffung aber wird der Schaffende wohl ebenfalls nicht geändert, aber das Geschaffene erhält nicht die Natur des Schaffenden. Der Sohn also wird genannt zugleich geschaffen und gezeugt, damit aus dem Erschaffen erhelle die Unveränderlichteit des Vaters; und aus dem Zeugen die Einheit der Natur in Vater und Sohn. Und so erklärt diese Stellen Hilarius (de syn. 5.). Die anderen Stellen sprechen nicht vom heiligen Geiste, sondern vom geschaffenen, der manchmal „Luft“, manchmal „Wind“, manchmal „Seele“, manchmal „unsichtbare Substanz“ genannt wird. 215.
