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Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae Summe der Theologie
Tertia Pars
Quaestio 12

Dritter Artikel. Christus hat nichts von den Menschen gelernt.

a) Dagegen spricht: I. Luk. 2., da sie Ihn im Tempel fanden, „wie Er fragte und antwortete“, was den lernenden anzeigt. II. Erhabener scheint es, Ideen zu empfangen von einem Menschen
wie von den einfachen sichtbaren Dingen. Letzteres aber geschah bei Christo,
da Er ein erworbenes Wissen hatte und so die „einwirkende Vernunft“
von den Phantasiebildern der sichtbaren Dinge die betreffenden Ideen losschälte. Also konnte der Herr auch lernen von Menschen. III. Gemäß der erworbenen Wissenschaft hat Christus nicht Alles von
Anfang an gewußt, sondern ist fortgeschritten. Jeder aber, der die etwas
anzeigende Rede eines anderen hört, lernt etwas hinzu, was er früher nicht
wußte. Christus also konnte von Menschen lernen. Auf der anderen Seite heißt es Isai. 55.: „Siehe, als Zeugen habe ich Ihn hingestellt vor die Völker, als den Führer und Lehrer der Völker.“ Des Lehrers Aufgabe aber ist es, zu lehren und nicht belehrt zu werden. Also hat Christus nichts von den Menschen gelernt.

b) Ich antworte; das Erstbewegende in jeder Art Bewegung wird gemäß jener Bewegung nicht bewegt, sowie das Erstverändernde nicht selber nach der gleichen Seite hin der Veränderung unterliegt. Christus aber ist von Gott aufgestellt als Haupt aller Menschen, die von Ihm nicht nur Gnade, sondern die Lehre der Wahrheit empfangen sollen; weshalb Er bei Joh. 18. sagt: „Dazu bin ich geboren und deshalb kam ich in die Welt, daß ich Zeugnis gebe der Wahrheit.“ Also war es gegen seine Würde, von irgend einem Menschen her belehrt zu werden.

c) I. „Der Herr frug, nicht damit Er etwas erlerne, sondern durch seine Fragen unterrichte; denn aus ein und derselben Quelle der Lehre flieht es, weise zu fragen und weise zu antworten“ (0rigenes sup. Luc. hom. 18. et 19.). Deshalb wird auch Luk. 2. hinzugefügt: „Es staunten alle über seine Klugheit und seine Antworten.“ II. Wer von einem Menschen lernt, der empfängt Wissen nicht unmittelbar vermittelst der abgelösten Erkenntnisformen, welche in seinem Geiste sind; sondern vermittelst der Worte als Zeichen vernünftiger Auffassungen. Wie aber die menschlichen Worte Zeichen sind von der Wissenschaft eines Menschen, so sind die Kreaturen Zeichen der göttlichen Weisheit; weshalb Ekkli. 1. es heißt: „Gott hat ausgegossen seine Weisheit über alle seine Werke.“ Wie also es erhabener ist, von Gott her belehrt zu werden wie vom Menschen; so ist es würdiger, Wissenschaft zu empfangen von den sichtbaren Kreaturen wie von der menschlichen Belehrung. III. Jesus machte Fortschritte in der Erfahrungswissenschaft wie auch im Alter. Wie aber ein gewisses Alter erfordert wird, damit der Mensch durch eigenes Erforschen und Finden Wissenschaft erhalte; so auch dafür, daß er Wissen erhalte durch Belehrung. Der Herr nun that nichts, was nicht seinem Alter entsprach; und deshalb schenkte Er den Reden der Wissenschaft und Lehre nicht eher sein Ohr, als Er auch auf dem Wege der Erfahrung solchen Grad der Wissenschaft erreichen konnte. Deshalb sagt Gregor (ad Ezech. hom. 2.): „Im Alter von zwölf Jahren hat der Herr sich gewürdigt, die Menschen auf Erden zu fragen; weil gemäß dem Gebrauche der Vernunft die Rede der Belehrung nur zukommt im bereits reifen Alter.

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