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Works Thomas Aquinas (1225-1274) Summe der Theologie
Tertia Pars
Quaestio 12

Vierter Artikel. Der Herr hat kein Wissen von den Engeln her empfangen.

a) Dies scheint aber. Denn: I. Luk. 22. heißt es: „Es erschien Ihm ein Engel vom Himmel, der
Ihn stärkte.“ Eine solche Stärkung aber vollzieht sich durch Belehrung,
nach Job 4.: „Siehe, sehr viele hast Du belehrt und die lässigen Hände
hast Du gestärkt; die schwankenden sind gekräftigt worden durch Deine Reden.“
Also ward der Herr von Engeln belehrt. II. Dionysius schreibt (4. de coel. hier.): „Ich sehe auch, daß der
über alle Natur und über alle überweltlichen Substanzen erhabene Jesus,
da Er ohne eine Änderung zu erleiden zu uns kam, gehorsam sich unterwirft dem Willen, welchen Gott Vater durch die Engel künden läßt.“ III. Wie der menschliche Köper gemäß der natürlichen Ordnung dem
Einflüsse der Himmelskörper unterworfen ist, so unterliegt der menschliche
Geist den Erleuchtungen seitens der Engel. Der Leib Christi aber war
dem Einflüsse der Himmelskörper unterworfen; denn er litt von der Hitze
im Sommer, von der Kälte im Winter etc. Also unterstand auch sein Geist
den Erleuchtungen seitens der Engel. Auf der anderen Seite sagt Dionysius (7. de coel. hier.): „Die höchsten Engel stellen Fragen an Jesum selbst; sie lernen die Wissenschaft von dessen göttlichem Werke und von dessen für uns angenommenen Leibe; und Jesus selber lehrt sie.

b) Ich antworte; wie die menschliche Seele in der Mitte steht zwischen
den rein geistigen Substanzen und den körperlichen Dingen, so wird sie
vollendet einerseits durch das Wissen, welches sie von den sinnlich wahrnehmbaren Dingen empfängt und durch jenes Wissen andererseits, welches ihr
eingeprägt oder eingegossen wird von einer Erleuchtung seitens rein geistiger
Substanzen. In jeder von beiden Weisen ward vollendet die Seele Christi. Dennsie empfing Erfahrungswissenschaft von seiten der sichtbaren Kreaturen, wozu eine Erleuchtung von seiten der geistigen Substanzen nicht erforderlich ist, sondern das Licht der „einwirkenden Vernunft“ genügt; und dann empfing sie Licht von oben gemäß der eingegossenen Wissenschaft und zwar unmittelbar von Gott. Wie nämlich über alle Natur hinaus diese Seele in der Person des „Wortes“ mit der göttlichen Wesenheit vereinigt war, so ward sie auch über alle natürliche Art und Weise hinaus vom Worte Gottes selbst ohne weitere Vermittlung angefüllt mit Wissen und Gnade. Also war da keinerlei Vermittlung seitens der Engel, die ja auch vom ewigen Worte unmittelbar im Beginne die Wissenschaft von den Dingen empfingen (Aug. 2 sup. Gen. ad litt. 8.).

c) I. Jene Stärkung von seiten des Engels war nicht in der Weise einer Belehrung, sondern um die Eigenheit der menschlichen Natur darzuthun. Deshalb sagt Beda zu Luk. cap. 92.: „Zum Beweise, daß in Ihm zwei Naturen waren, wird gelesen, daß Engel Ihm dienten und Ihn stärkten. Denn der Schöpfer aller Kreatur bedarf keines Schutzes; Mensch aber geworden, sowie Er für uns traurig geworden ist, so ward Er wegen uns gestärkt,“ damit so der Glaube an die Menschwerdung in uns gestärkt werde. II. Dies hat Bezug darauf, daß Christus in dem, was um Ihn
herum bei der Menschwerdung vorging, dem Dienste der Engel und ihren
Erleuchtungen unterstand. So fügt Dionysius hinzu, daß „vermittelst der
Engel dem Joseph verkündet wurde, er solle mit dem Knaben Jesus nach
Ägypten gehen.“ III. Der Sohn Gottes nahm einen leidensfähigen Leib wohl an (unten
Kap. 14.); aber eine Seele, die im Wissen und in der Gnade vollendet
war. Also war sein Leib dem Einflüsse der Himmelskörper Unterthan, die
Seele aber nicht den Erleuchtungen seitens der Engel.

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