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Works Thomas Aquinas (1225-1274) Summe der Theologie
Tertia Pars
Quaestio 15

Siebenter Artikel. In Christo war Furcht.

a) Das scheint nicht. Denn: I. Prov. 28. heißt es: „Der gerechte vertraut wie der Löwe, nichts
fürchtet er.“ Christus aber war höchst gerecht. II. Hilarius sagt (10. de Trin.): „Ich frage jene, die eine solche
Meinung haben, ob das mit der Vernunft stimmt, daß jener gefürchtet hätte
zu sterben, welcher alle Furcht vor dem Tode von den Aposteln entfernt
und sie ermahnt hat, der Ehre des Martyriums teilhaft zu werden.“ Also
gegen die Vernunft ist es, in Christo Furcht anzunehmen. III. Die Furcht richtet sich auf ein Übel, das nicht vermieden werden
kann. Christus aber konnte sowohl das Übel der Strafe vermeiden für sich
als auch das Übel der Schuld in den anderen. Auf der anderen Seite heißt es Mark. 14.: „Er fing an, zu fürchten und traurig zu sein.“

b) Ich antworte, wie die Trauer verursacht werde von dem Erfassen eines gegenwärtigen Übels, so die Furcht von der Auffassung eines zukünftigen Übels. Die Auffassung nun eines zukünftigen Übels, welches mit aller Zuverlässigkeit eintreten wird, verursacht keine Furcht. Deshalb sagt Aristoteles (2 Rhet. 5.), daß Furcht nur da sich finde, wo eine Hoffnung ist, auszuweichen. Denn besteht keine solche Hoffnung, so wird das betreffende Übel als gegenwärtig aufgefaßt und so ist die Folge davon mehr Trauer als Furcht. So nun kann die Furcht erwogen werden mit Rücksicht auf zweierlei: 1. mit Rücksicht darauf, daß das sinnliche Begehren von Natur aus flieht vor der Verletzung des Körpers, was zur Trauer gehört, wenn das Übel gegenwärtig ist, und zur Furcht, wenn in der Zukunft es droht; und so war gleichermaßen Furcht in Christo wie Trauer; — 2. mit Rücksicht auf die Unsicherheit des in der Zukunft Begegnenden; wie wenn wir bei Nachtzeit bei einem Geräusche fürchten in Unwissenheit darüber, was das sei; und so war nicht Furcht in Christo, wie Damascenus sagt (3. de orth. fide 23.).

c) I. Der gerechte ist ohne Furcht, insoweit die Furcht als Leidenschaft herrscht und die Vernunft stört. So war Furcht nicht in Christo. Deshalb heißt es: „Jesus fing an, zu . . .“ II. Hilarius schließt wie bei der Trauer so bei der Furcht von Christo aus: die äußere, der Sünde geschuldete Notwendigkeit zu fürchten. Um aber die Wahrhaftigkeit seiner menschlichen Natur zu zeigen, nahm der Herr Furcht wie Trauer an sich. III. Christus konnte wohl vermöge der göttlichen Kraft alle künftigen Übel vermeiden; sie waren aber mit Rücksicht auf die Schwäche des Fleisches nicht leicht zu vermeiden oder unvermeidlich.

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