Vierter Artikel. Christus konnte für andere verdienen.
a) Dies ist gegen: I. Ezech. 18.: „Die Seele, die sündigt, sie selber soll sterben.“ Also aus gleichem Grunde wird jene selber belohnt, die Gutes thut. II. Gegen Joh. 1.: „Aus seiner Fülle haben alle empfangen.“ Andere aber wie Christus können nicht verdienen für die übrigen, also auch Christus nicht. Deshalb sagt Ezechiel (14, 20.): „Und wären in der Stadt Noe, Daniel und Job, ihren Sohn oder ihre Tochter werden sie nicht befreien; sie selbst aber werden ihre Seelen befreien.“ III. Gegen Röm. 4., wonach der Lohn, der verdient wird, gebührt gemäß der Gerechtigkeit und nicht gemäß der Gnade. Hat also Christus für uns verdient, so ist unser Heil nicht aus der Gnade Gottes, sondern seiner Gerechtigkeit gedankt; — und mit denen verfährt Gott ungerecht, die Er nicht beseligt, da das Verdienst Christi auf alle sich erstreckt. Auf der anderen Seite „ist wie durch die Sünden des einen in alle Menschen die Verdammnis übergegangen, so durch die Gerechtigkeit eines einzigen die Rechtfertigung des Lebens allen zugänglich geworden.“
b) Ich antworte, Christo ward nicht nur als einem einzelnen MenschenGnade zu teil, sondern wie dem Haupte des einigen mystischen Körpers der Kirche. Also erstreckt sich das Verdienst Christi auf die anderen, soweit sie seine Glieder sind; sowie in einem Menschen die Thätigkeit des Hauptes gewissermaßen sich erstreckt auf alle Glieder an seinem Körper, denn es empfindet nicht nur für sich allein, sondern für alle Glieder.
c) I. Die persönliche Sünde eines einzelnen schadet nur ihm selbst. Aber die Sünde Adams, als des natürlichen Princips der Fortpflanzung für das ganze Menschengeschlecht, hat allen Menschen geschadet; und ähnlich erstreckt sich das Verdienst Christi, der im Bereiche der Gnade von Gott als Haupt aller aufgestellt worden, auf alle seine Glieder. II. Die anderen empfangen von der Fülle der Gnade in Christo nicht den Quell selber der Gnade, sondern je eine besondere Gnade. Also ist nicht nötig, daß andere Menschen gleich Christo verdienen können für die anderen. III. Die Sünde Adams geht auf die Nachkommen über durch die fleischliche Fortpflanzung; und so geht das Verdienst Christi über auf andere durch die geistige Wiedergeburt; nach Gal. 3.: „Alle, die ihr in Christo getauft seid, habt Christum angezogen.“ Und dieses selber ist Gnade, daß dem Menschen von Gott es verliehen wird, wiedergeboren zu werden in Christo; wonach also das Heil aus der Gnade stammt.
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