Fünfter Artikel. Geziemenderweise ward die Geburt Christi durch die Engel verkündigt und durch den Stern.
a) Dagegen wird geltend gemacht: I. Die Engel sind geistige Substanzen, nach Ps. 103.: „Der zu seinen Boten Geister macht.“ Christi Geburt aber war gemäß dem Fleische. Also durfte sie nicht durch Engel verkündet werden. II. Die gerechten stehen den Engeln näher wie andere Menschen und umgekehrt, nach Ps. 33.: „Der Engel des Herrn wird sein mitten unter denen, die Gott fürchten; und er wird sie erretten.“ Den gerechten aber, wie Simeon und Anna, ward die Mitteilung von der Geburt des Heilandes nicht durch einen Engel. Also durften auch nicht den Hirten Engel die Geburt Christi künden. III. Der Stern zudem scheint eine Gelegenheit zu Irrtum mit sich zu bringen; zumal für jene, die meinen, das Schicksal des neugeborenenMenschen sei in den Sternen geschrieben. Eine solche Gelegenheit darf aber nicht gegeben werden. IV. Sodann erscheint ein Stern nicht als zuverlässiges Zeichen, um dadurch etwas zu offenbaren. Das mußte aber sein, zumal für die Geburt des Herrn. Also unzulässigerweise ward durch einen Stern die Geburt Christi angezeigt. Auf der anderen Seite „sind Gottes Werke vollkommen“, nach Deut. 32. Also waren alle diese Arten von Mitteilung, die ja ein Werk Gottes waren, vollkommen.
b) Ich antworte; es muß etwas offenbar werden durch das, was mehr bekannt ist, wie im Syllogismus man durch Bekanntes hindurch zu Unbekanntem fortschreitet. Nun ist es für die gerechten etwas Gewohntes, durch inneren Antrieb des heiligen Geistes, wie durch Prophetie, belehrt zu werden; und deshalb ward den gerechten, Simeon und Anna, Christi Geburt mitgeteilt durch den inneren Antrieb des heiligen Geistes, nach Luk. 2.: „Er hat die Antwort erhalten vom heiligen Geiste, daß er nicht den Tod schauen werde (Simeon nämlich), ehe er den Gesalbten des Herrn gesehen hätte.“ Die anderen nun werden durch körperliche Dinge belehrt über rein Geistiges; und zwar waren die Juden gewohnt, Antworten von Gott her durch Engelerscheinungen zu empfangen, vermittelst deren sie auch nach Act. 7., nämlich „durch den Dienst der Engel das Gesetz empfangen hatten“; während dagegen die Heiden, zumal die sternkundigen, mehr daran gewohnt waren, den Lauf der Sterne zu beobachten. Deshalb ist den Juden und den Magiern Christi Geburt bekannt geworden vermittelst körperlicher Erscheinungen. Und weil die Geburt Christi nicht rein irdisch war, sondern gewissermaßen himmlisch, deshalb wurde sie durch Zeichen am Himmel bekannt gemacht. Denn „die Engel bewohnen die Himmel“, wie Augustin sagt (serm. 66. de Diversis), „und sind der Schmuck der Sterne; durch beide also erzählen die Himmel die Ehre Gottes.“ Ganz vernunftgemäß also wurde den Juden, bei denen häufig Engelerscheinungen stattgefunden hatten, die Geburt Christi geoffenbart durch die Engel; und den Magiern, die gewohnt waren, die Sterne zu beobachten, durch das Zeichen eines Sternes. Denn „durch das, was sie gewohnt waren, wollte der Herr sie rufen, sich ihnen anbequemend“ (Chrysost. hom. 6. in Matth.). Zudem sagt Gregor der Große (hom. 10. in Evgl.): „Den Juden, wie denen, die durch ihre Vernunft das Gesetz Gottes kannten, mußte ein vernunftbegabtes Wesen, ein Engel, predigen; die Heiden aber, die ihre Vernunft rücksichtlich Gottes nicht zu gebrauchen gelernt hatten, wurden durch stumme Zeichen geführt; und wie den Herrn als derselbe noch nicht sprach die stummen Elemente verkündeten, so predigten Ihn, als Er schon gesprochen, den Heiden die Apostel.“ Oder, wie Augustin sagt (serm. Epiph.), „es war dem Abraham eine unzählbare Nachkommenschaft verheißen worden, die nicht durch fleischlichen Samen, sondern durch die Fruchtbarkeit des Glaubens erzeugt werden sollte;“ und darum ward sie mit einer Menge Sterne verglichen, damit himmlische Nachkommenschaft gehofft würde. Und deshalb werden die Heiden, die in den Sternen bezeichnet worden waren, durch den Aufgang eines neuen Sternes aufgeweckt; damit sie zu Christo gelangen, durch den sie Same Abrahams würden.
c) I. Jenes bedarf der Offenbarmachung, was an sich verborgen ist;nicht aber Jenes, was an sich bereits offenbar ist. Das Fleisch nun dessen, der geboren ward, war ein offenbares; aber die Gottheit war verborgen. Also zukömmlicherweise ward diese Geburt angezeigt durch die Engel als die Diener Gottes. Und deshalb erschien der Engel in einer großen Helle, damit dargethan werde: jener, der geboren wurde, sei der Glanz der Herrlichkeit des Vaters. II. Den gerechten genügt der innere Antrieb des heiligen Geistes. III. Der Stern, welcher die Geburt Christi anzeigte, benahm alle Gelegenheit eines Irrtums. Denn, wie Augustin sagt (2. cont. Faust. 5), „kein Astrologe noch hat das Schicksal der zur Welt kommenden Menschen in der Weise unter den Einfluß der Sterne gestellt, daß er behauptet hätte, ein Stern habe, bei der Geburt eines Menschen, die ordnungsmäßige Bahn seines Laufes verlassen und sei gekommen zu dem, der geboren wurde;“ wie dies geschah bei dem Sterne, welcher Christi Geburt darthat. Dadurch also „wird der Irrtum derjenigen durchaus nicht bekräftigt, welche meinen, das Schicksal der Menschen sei an die Sterne gebunden, die aber nicht glauben, die Ordnung im Laufe der Sterne könne auf Grund der Geburt eines Menschen geändert werden.“ Ähnlich sagt Chrysostomus: „Es ist nicht dies eine Aufgabe der Menschen, aus den Sternen jene zu erkennen, welche geboren werden, sondern auf Grund der Stunde der Geburt die Zukunft vorherzusagen.“ Die Magier aber erkannten nicht die Zeit der Geburt, damit sie infolge dessen von der Bewegung der Sterne aus die Zukunft wüßten, sondern vielmehr umgekehrt. IV. Chrysostomus berichtet (hom. 2. in op. imp.), „in verschiedenen apokryphischen Schriften werde gelesen, daß ein gewisses Volk, das im äußersten Osten am Ocean wohne, eine Schrift gehabt hätte unter dem Namen Seth, in welcher die beim Erscheinen eines bestimmten Sternes darzubringenden Opfergaben verzeichnet gewesen wären. Dieses Volk nun beobachtete genau das Aufgehen eines solchen Sternes. Zwölf Beobachter wurden aufgestellt, welche zu gewissen Zeiten in der Nacht auf den Berg stiegen, auf dem sie nachher den bezeichneten Stern sahen, der in sich die Form wie eines Kindes enthielt und über sich das Bild des Kreuzes hatte.“ Oder man kann sagen mit der q. 63. V. et N. T.: „Jene Magier folgten der Weissagung Balaams: Ein Stern wird aufgehen aus Jakob. Als sie somit einen Stern sahen, der außerhalb der gewöhnlichen natürlichen Ordnung war, hielten sie sich überzeugt, es sei jener Stern, von welchem Balaam als dem Anzeichen des künftigen Königs der Juden gesprochen hatte.“ Oder man kann sagen mit Augustin (serm. de Epiph.), daß die Magier, von den Engeln im Innern aufgeklärt, erkannten, dieser Stern bezeichne, daß Christus geboren sei; und wahrscheinlich von guten Engeln, da in der Anbetung Christi bereits ihr Heil gesucht wurde. Oder, wie Leo der Große sagt (serm, de Epiph. 4.), „außer dem äußerlichen Strahle, welcher das körperliche Auge traf, lehrte ihre Herzen der noch glänzendere Strahl der inneren Wahrheit; was zum Lichte des Glaubens bereits gehörte.“
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