Zweiter Artikel. In zukömmlicher Weise ward Christus begraben.
a) Dem gegenüber wird geltend gemacht: I. Das Begräbnis soll dem Tode entsprechen. Dieser aber war ein höchst schimpflicher, nach Sap. 2.: „Zum schimpflichsten Tode wollen wir Ihn verurteilen.“ Also durfte das Begräbnis nicht ehrenvoll sein; Er durfte nicht von vornehmen begraben werden, wie dies Joseph von Arimathäa war, ein Hauptmann, und Nikodemus, ein Fürst der Juden (Mark. 15., Joh. 3.). II. Überflüssig war es, daß Nikodemus zum Begräbnisse Christi „mit sich brachte eine Mischung von Myrrhen und Aloe, etwa hundert Pfund“ (Joh. 19.); und daß zumal „eine Frau zuvorkam, um seinen Leib für das Begräbnis zu salben“ (Mark. 14.). Überflüssiges aber durfte beim Begräbnisse des Herrn nicht sein. III. Es herrscht da zugleich Widerspruch. Denn Joseph umhüllte den Leib nur „mit reiner Leinwand“ (Matth. 27.), „nicht mit Seide, Gold, Edelgestein“ (Hieron.); und andererseits werden kostbare Salben verwandt. IV. „Was geschrieben ist, das ist zu unserer Belehrung geschrieben,“ heißt es Rom. 15. Daß aber Christus in einem Garten begraben worden ist, in einem fremden und neuen Grabe, das in den Felsen gehauen war, und Ähnliches scheint in nichts uns zu belehren. Also war solches Begraben nicht zukömmlich. Auf der anderen Seite steht Isai. 11.: „Und sein Grab wird herrlich sein.“
b) Ich antworte, die Art und Weise des Begrabens bekräftige 1. unseren Glauben an den Tod und die Auferstehung Christi; — 2. empfiehlt sie die Frömmigkeit derer, die Ihn begruben, nach Augustin (1. de civ. Dvei 13.): „Lobenswerterweise werden erwähnt im Evangelium jene, welche den vom Kreuze herabgenommenen Leib mit Sorgfalt und Ehrenbezeigung umhüllten und begruben;“ — 3. unterrichtet sie jene, welche in Christo sich begraben in den Tod.
c) I. Was den Tod Christi betrifft, so wird empfohlen die Geduld und die Standhaftigkeit dessen, der den Tod erlitt und zwar um so mehr, je schimpflicher der Tod war. Beim ehrenvollen Begraben aber wird erwogen die Kraft des Gestorbenen, der gegen die Absicht seiner Peiniger selbst im Tode noch geehrt wird; und es wird versinnbildet die Andacht der gläubigen, die dem toten Christus dienen würden. II. Zu den Worten des Evangelisten: „Sie begruben Ihn, wie es Sitte ist bei den Juden zu begraben,“ bemerkt Augustin (tract. 120. in Joan.): „Mit Rücksicht auf die Art und Weise des Begrabens muß man die Sitten beobachten, wie sie bei dem betreffenden Volke gelten. Die Sitte nun bei den Juden war, daß die toten Leiber mit verschiedenen wohlriechenden Salben gesalbt wurden, damit sie länger der Verwesung widerständen.“ „In allen diesen Dingen ist nicht der Gebrauch ein schuldiger, sondern, soweit da Schuld ist, liegt sie in der Eitelkeit dessen, der des Gebrauches sich bedient … Was jedoch bei anderen Personen zu tadeln wäre, ist bei der göttlichen Person das Zeichen einer hohen Sache“ (3. de doctr. christ. 12.). Denn die Myrrhe und Aloe deuten wegen ihrerBitterkeit auf die Buße hin, durch welche jemand Christum in sich bewahrt, ohne durch die Sünde verdorben zu werden. Der Geruch der Salben deutet auf den Wohlduft der Tugenden hin. III. Myrrhe und Aloe wurden auf den Leib Christi verwandt, damit er unversehrt bleibe, was etwas Notwendiges zu sein scheint. Dadurch werden wir belehrt, wir könnten Kostbares wie Medizin gebrauchen zur Erhaltung unseres Körpers. Das Einhüllen aber des Körpers gehört zum Anstande; und da sollen wir mit einfachen Stoffen zufrieden sein. Zudem bemerkt Hieronymus: „Jener hüllt in reinem Leinen Jesum ein, der Ihn mit reinem Sinne aufnimmt.“ Und von da her schreibt sich die Sitte der Kirche, „daß das heilige Opfer am Altare nicht auf Seide, nicht auf schöngefärbtem Tuche, sondern auf Leinen, wie es die Erde hervorbringt, gefeiert wird, weil der Leib des Herrn in reinem Leinen begraben wurde“ (c. 44. in Marc.). IV. Christus wird im Garten begraben, damit dadurch bezeichnet werde, durch seinen Tod und sein Begräbnis werden wir vom Tode befreit, der über uns verhängt worden infolge der im Paradiesgarten von Adam begangenen Sünde. In einem fremden Grabe wird der Heiland begraben, „weil Er für das Heil anderer starb, denn das Grab ist die Wohnung des Todes“ (Aug. de sepul.). Dies weist auch auf die überreiche Armut hin, die Christus für uns tragen wollte. Denn der im Leben nicht hatte, wohin das Haupt legen, der wird im Tode in ein fremdes Grab gelegt und in seiner Nacktheit von Joseph bedeckt. In ein neues Grab wird Er gelegt, „damit nicht gesagt würde nach der Auferstehung, es sei ein anderer auferstanden, wenn die anderen Leiber liegen blieben“ (Hieron.). Das neue Grab kann aber auch auf den reinsten Schoß der Jungfrau hinweisen. Denn dadurch werden wir ermahnt, daß wir durch den Tod Christi alle erneuert werden, nachdem der Tod und aller Sündenschmutz vertilgt ist. Das Grab war in den Felsen gehauen, „damit man, wenn es aus vielen Steinen erbaut worden wäre, nicht glaube, es wären am Fundamente Steine weggenommen worden und so hätte man Ihn gestohlen“ (Hieron.). Deshalb konnte auch „der große Stein“, der davor gewälzt war, „nur mit Hilfe vieler entfernt werden“ (l. c.). Wäre Er aber in der Erde begraben gewesen, „so hätten sie gesagt, die Erde haben sie durchgraben und Ihn gestohlen“ (Aug.). Mystisch aber bedeutet dies Alles, „daß durch die Lehre der Apostel in die felsenharten Herzen der Heiden Christus werde hineingetragen werden, die da, ausgehauen durch das Werk der Predigt, roh und neu seien und keinerlei Furcht Gottes vorher zugänglich. Und weil nichts außer Christo in unserem Herzen wohnen soll, wird ein Stein vorgewälzt“ (HNilar. ult. in Matth.). „Alles beim Leibe Jesu ist neu und rein und höchst großartig,“ sagt Origenes (tract. 35. in Matth.).
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