Fünfter Artikel. Bestimmte Dinge werden zu den Sakramenten erfordert.
a) Dies wird bestritten: I. Die sinnlich wahrnehmbaren Dinge dienen in den Sakramenten nur dazu, um zu bezeichnen. Durch verschiedene Dinge aber kann das Nämliche bezeichnet werden. So wird in der Schrift Gott manchmal bezeichnet durch das Bild eines Steines oder eines Löwen oder durch die Sonne etc. Also können verschiedene beliebige Dinge genommen werden für ein und dasselbe Sakrament. II. Das Heil der Seele ist weit notwendiger wie das des Körpers. Für das letztere aber kann die eine Medizin anstatt einer anderen gegeben werden, wenn die erste mangelt. Also muß bei den Sakramenten, als Heilmitteln für die Seele, um so mehr ein Ding für das andere genommen werden können, wenn letzteres fehlt. III. Das göttliche Gesetz und zudem nicht das Christi, der da kam, alle zu retten, darf nicht engere Schranken ziehen dem Heile des Menschen wie das Naturgesetz. Im Stande des Naturgesetzes aber wurden keine bestimmten Dinge für die Sakramente erfordert; sondern nach Wunsch oder nach Gelübde wurden sie genommen, wie aus Gen. 28. hervorgeht, wo Jakob gelobte, den Zehnten und Friedopfer dem Herrn darzubringen. Also dürfen um so weniger im Neuen Bunde bestimmte Dinge von vornherein zu den Sakramenten erfordert sein. Auf der anderen Seite fagt der Herr bei Joh. 3.: „Wer nicht wiedergeboren worden ist aus dem Wasser und dem heiligen Geiste, kann nicht eintreten in das Reich Gottes.“
b) Ich antworte, bei der Spendung der Sakramente könne zweierlei erwogen werden: 1. der Kult Gottes; und 2. die Heiligung des Menschen. Das Erste bezieht sich auf den Menschen mit Rücksicht auf Gott; das Zweite auf Gott mit Rücksicht auf den Menschen. Nun ist es in der Gewalt Gottes, den Menschen zu heiligen. Also geht es nicht den Menschen an, zu bestimmen, woran seine Heiligung gebunden sein solle; sondern nur Gott. Also hat Gott im Neuen Bunde die Heilmittel für das Seelenheil des Menschen eingesetzt. Und danach muß man sich deren bedienen.
c) I. Allerdings kann Verschiedenes Ein und dasselbe bezeichnen. Zu bestimmen aber, welches von diesen verschiedenen Zeichen nun angewandt werden soll, ist die Sache dessen, der das betreffende Zeichen einrichtet. Gott aber bezeichnet uns in den Sakramenten geistige Wirkungen durch sinnlich wahrnehmbare Zeichen, durch Figuren und Bilder in der Schrift. Wie also durch den heiligen Geist bestimmt worden, welche Bilder und Figuren in der Schrift geistige Dinge ausdrücken sollen; so kam es aus göttlicher Einrichtung, daß diese und nicht jene bestimmten Dinge in den Sakramenten zur Heiligung des Menschen mitwirken. II. Von Natur haben die sichtbaren Dinge Heilkräfte in sich mit Rücksicht auf das körperliche Heil; und so kann, wenn zwei dieselbe Heilkraft haben, das eine für das andere benützt werden. Zur Mitwirkung in der Heiligung aber werden die Dinge nicht bestimmt durch natürliche Kraft, sondern gemäß der Bestimmung Gottes. Also mußte von Gott her bestimmt werden, welche Dinge zu den Sakramenten verwendet werden sollen. III. Verschiedene Sakramente kommen den verschiedenen Zeitepochen zu, wie auch durch verschiedene Worte die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bezeichnet wird (Aug. 19. cont. Faustum 16 et 17.). Wie also die Menschen im Stande des Naturgesetzes nur durch inneren Antrieb bewegt wurden zur Gottesverehrung und nicht durch ein von außen her gegebenes Gesetz; so bestimmten sie auch, getrieben allein durch inneren Antrieb, welcher sinnlich wahrnehmbaren Dinge sie sich zum Kulte Gottes bedienen wollten. Später aber ward das Hinzutreten eines von außen her gegebenen Gesetzes notwendig, sowohl weil das Naturgesetz verdunkelt worden war infolge der Sünden als auch um ausdrücklicher hinzuweisen auf die Gnade Christi, durch welche das Menschengeschlecht geheiligt wird. Und so ward es auch notwendig, zu bestimmen, welcher Dinge sich die Menschen zu bedienenhätten für die Sakramente. Deshalb werden keine Schranken gezogen dem menschlichen Heile; denn die zu den Sakramenten erforderlichen Dinge werden entweder gemeinhin überall gefunden oder können mit leichter Mühe besorgt werden.
