Elfter Artikel. Über die drei Taufen, von denen man spricht.
a) Man soll nicht von drei Taufen sprechen: nämlich die Begierde-, die Blut- und die Wassertaufe. Denn: I. „Nur ein Glaube, nur eine Taufe besteht,“ nach Ephes. 4. II. Die Taufe ist ein Sakrament. Ein solches ist aber nur die Wassertaufe. Also giebt es keine andere. III. Damascenus spricht noch von mehreren anderen Arten Taufen (4. de orth. fide 10.). Also giebt es nicht drei, sondern mehrere. Auf der anderen Seite sagt die Glosse zu Hebr. 6. (baptismatum doctrinae): „Er spricht von der Taufe in der Mehrzahl: denn es besteht die Wasser-, die Buß- und die Bluttaufe.“
b) Ich antworte, die Taufe habe ihre wirksame Kraft vom Leiden Christi, dem man gleichförmig wird durch die Taufe; und weiter noch vom heiligen Geiste. Nun hängt wohl die Wirkung von der Ursache ab, aber nicht umgekehrt; vielmehr ragt die Ursache immer über die Wirkung hervor.Sonach kann also jemand, abgesehen von der wirklichen Spendung der Taufe, die Wirkung der Taufe in sich empfangen aus dem Leiden Christi heraus; insoweit er demselben gleichförmig wird durch eigenes Leiden für Christum. Deshalb heißt es Apok. 7.: „Diese sind es, welche aus großer Trübsal kommen und ihre Kleider gewaschen und weiß gemacht haben im Blute des Lammes.“ Aus dem gleichen Grunde kann der heilige Geist die Wirkung der Taufe ohne wirkliche Spendung des Sakramentes zuteilen, auch ohne die Bluttaufe; insoweit durch den heiligen Geist das Herz eines Menschen bewegt und in Thätigkeit gesetzt wird, um an Gott zu glauben, Ihn zu lieben und die begangenen Sünden zu bereuen, weshalb diese Taufe auch Buß- oder Begierde- , nämlich Liebestaufe heißt. Darüber heißt es Isai. 4.: „Wenn der Herr abwaschen wird den Schmutz der Töchter Sions und reinigen wird Jerusalem vom Blute in seiner Mitte im Geiste des Ratschlusses, im Geiste der Liebesglut.“ Also jede von diesen drei Arten Taufen wird so genannt, weil eine jede an die Stelle der Wassertaufe tritt. Deshalb schreibt Augustin (4. de unico bapt. parvulorum 22.): „Die Stelle der Taufe übernimmt manchmal das Leiden, wie beim Räuber am Kreuze, dem, trotzdem er nicht getauft war, gesagt wurde: Heute wirst du mit mir im Paradiese sein. So spricht der heilige Cyprian. Und je mehr ich hier nachdenke, desto mehr finde ich, daß Alles das, was beim Mangel der Taufe fehlt, nicht allein das Leiden im Namen Christi ersetzen kann; sondern auch der Glaube kann dies und die Bekehrung des Herzens, falls man nämlich zur Feier des Geheimnisses der Taufe, wenn die Zeit drängt, nicht seine Zuflucht nehmen kann.“
c) I. Die beiden anderen Taufen sind enthalten in der Wassertaufe, die ihre wirksame Kraft entlehnt dem Leiden Christi und dem heiligen Geiste. II. Jedes Sakrament ist von Natur wesentlich Zeichen. Die anderen beiden Taufen aber haben mit der Wassertaufe nicht gemein die Natur eines Zeichens, sondern in der Wirkung nur kommen sie überein. Sie sind sonach keine Sakramente. III. Damascenus verzeichnet einige Figuren der Taufe. So war die Sündflut ein Zeichen unserer Taufe mit Rücksicht auf das Heil der gläubigen in der Kirche; „wie damals in der Arche wenige Seelen gerettet worden sind,“ heißt es deshalb 1. Petr. 3. Der Durchgang durch das rote Meer versinnbildet unsere Taufe mit Rücksicht auf die Befreiung aus der Knechtschaft der Sünde, nach 1. Kor. 10.: „Alle sind getauft worden in der Wolke und im Meere.“ Auch die verschiedenen im Alten Testamente vorgeschriebenen Waschungen verzeichnet er als Figuren der Taufe mit Rücksicht auf die Reinigung von Sünden; — und ebenso war die Taufe des Johannes eine Vorbereitung für unsere Taufe.
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