Siebenter Artikel. Die Wirkung der Taufe ist die Öffnung der Himmelsthüre.
a) Dem wird widersprochen. Denn: I. Die Himmelsthüre ist bereits nach Ppov. 4, 1. geöffnet durch das Leiden Christi. Also braucht sie nicht durch die Taufe geöffnet zu werden. II. Die Taufe muß die gleiche Wirkung haben zu jeder Zeit, seit sie eingesetzt ist. Vor Christi Tod aber sind einzelne mit der Taufe Christi getauft worden (Joh. 3.), denen, wenn sie damals gestorben wären, die Himmelsthüre nicht geöffnet worden sein würde; da niemand vor der Auffahrt Christi, „der den Weg vor ihnen bereitete“ (Mich. 3.), in den Himmel eintrat. Also ist eine Wirkung der Taufe nicht die Öffnung der Himmelsthüre. III. Die getauften sind noch zugänglich dem Tode und den Mühseligkeiten dieses Lebens, die alle insgesamt Strafen der Sünde sind. Keinem aber ist die Himmelsthüre offen, der noch der Strafe untersteht; wie dies aus den armen Seelen im Fegfeuer ersehen werden kann. Auf der anderen Seite sagt Beda zu Luk. 3. (apertum est coelum): „Hier wird die Kraft der Taufe dargethan; denn wer aus ihr herausgeht, dem steht die Himmelsthüre offen.“
b) Ich antworte, öffnen die Himmelsthüre sei nichts Anderes wie: Hinwegnehmen das Hindernis, welches sich dem Eintritte in den Himmel entgegenstellt. Da nun solches Hindernis die Sünde ist und die verschuldete Strafe: Beides aber durch die Taufe fortgenommen wird, so öffnet die Taufe den Himmel.
c) I. Die Taufe öffnet den Himmel, insoweit sie den getauften eingliedert in den Leib Christi und die Kraft des Leidens ihm zuwendet. II. Als das Leiden des Herrn thatsächlich noch nicht vollendet war, verursachte die Taufe dem Glauben der gläubigen gemäß die Öffnung des Himmels nicht dem thatsächlichen Sein nach, sondern gemäß der sicheren Hoffnung. Die damals getauft sterbenden hatten die zuverlässige Erwartung, einzutreten bei gegebener Zeit thatsächlich in den Himmel. III. Der getaufte bleibt dem Tode und den übrigen Mühseligkeiten des gegenwärtigen Lebens als Strafen der Sünde ausgesetzt; nicht weil er für seine Person schuldig wäre, sondern infolge des Zustandes seiner Natur. Und sonach wird er deshalb nicht vom Eintritte in den Himmel abgehalten, wenn die Seele vom Körper durch den Tod getrennt wird; denn er hat dann gleichsam bezahlt was er der Natur schuldete.
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