Achter Artikel Die Taufe hat in allen die gleiche Wirkung.
a) Dem scheint nicht so. Denn: I. Die Wirkung der Taufe ist die Entfernung der Sünden. Die einen aber haben mehr Sünden als die anderen, wie z. B. die Kinder nur die Erbsünde haben. Also folgt ihr nicht die gleiche Wirkung in allen. II. Der Taufe folgen die Gnade und die Tugenden. Die einen aber haben nach der Taufe mehr Gnade und Tugend wie die anderen. III. Die Natur wird durch die Gnade vollendet wie der Stoff durch die Form. Die Form aber nimmt der Stoff auf gemäß seiner Fähigkeit. Also je fähiger z. B. ein Kind in seinen natürlichen Kräften ist, desto mehr Gnade erhält es. IV. Manche erlangen durch die Taufe auch die Gesundheit des Leibes, wie man von Konstantin berichtet, er sei in der Taufe vom Aussatze gereinigt worden. Also erhalten diese mehr in der Taufe wie die anderen, welche nur das Heil der Seele erlangen. Auf der anderen Seite besteht nach Ephes. 4. „ein Glaube, eine Taufe.“ Die nämliche Ursache aber kann nur immer gleichmäßig die nämliche Wirkung haben.
b) Ich antworte, die Wirkung der Taufe sei eine doppelte: die eine folgt dem Wesen der Taufe; die andere beruht auf Ursachen, die an sich diesem Wesen fremd und äußerlich sind. Die ersterwähnte ist jene, um derentwillen die Taufe eingesetzt ist, nämlich die geistige Wiedergeburt; und diese ist gleichmäßig die nämliche in allen, soweit sie sich gleichmäßig zu der Taufe verhalten. Die Kinder also erhalten schlechthin alle die ganz gleiche Wirkung der Taufe. Die erwachsenen, je nachdem sie mit mehr Glauben oder Andacht zur Taufe kommen, erhalten demgemäß mehr oder weniger von der Gnade des neuen Lebens. So erhält mehr Wärme vom Feuer jener, der näher hinzutritt; obwohl das Feuer von sich aus gleichmäßig wärmt. Die zweiterwähnte Wirkung verbindet Gott kraft eines Wunders mit der Taufe, ohne daß sie aus deren Wesen folgte. Deshalb sagt Augustin (1. de peccat. mer. et rem. 36.): „Das leistet nicht von sich aus die Taufe; wohl aber ist es eine Folge der unaussprechlichen wunderbaren Macht des Schöpfers, daß das Gesetz der Sünde, welches in den Gliedern ist, vollständig erlösche.“ Und dergleichen Wirkungen hängen einzig von der Verfügung der göttlichen Weisheit ab und nicht von der mehr oder minder großen Andacht der Täuflinge.
c) I. Die geringste Taufgnade ist hinreichend, um alle Sünden zu tilgen. Das hängt also nicht von der höheren oder geringeren Wirksamkeit der Taufe ab, daß sie hier mehr dort weniger Sünden tilgt, sondern von der Beschaffenheit des Täuflings. Die Taufe tilgt in jedem was sie an Sünde findet. II. Der eine kann mehr Gnade in der Taufe erlangen wie der andere, wegen seiner größeren Andacht; — oder der eine kann die gleichmäßig gegebene Taufgnade eifriger gebrauchen und der andere nachlässiger. III. Die verschiedene natürliche Fähigkeit der Menschen kommt nicht von der Verschiedenheit des Geistes, der in der Taufe erneuert, d. h. zu neuem Leben geweckt wird (denn alle Menschen, die auf der nämlichen Gattungsstufe stehen, kommen überein in der gleichen Wesensform); sondern dies kommt von der Verschiedenheit in der Verfassung der Körper. Anders ist es in den Engeln allerdings, die nicht in der gleichen Wesensform der Gattung übereinkommen. Deshalb erhalten die Engel die Gnade gemäß der Stufe ihrer natürlichen Fähigkeiten; während dies bei den Menschen nicht der Fall ist. IV. Die Gesundheit des Körpers ist im gegebenen Falle ein eigenes Wunder, das der Herr mit der Taufe verbindet.
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