Vierter Artikel. Das Brot kann verwandelt werden in den Leib Christi.
a) Das wird geleugnet. Denn: I. Bei jeder solchen Wandlung muß nach 3 Physic. der Träger oder das Subjekt das Nämliche oder das Gleiche bleiben. Denn „jede Bewegung ist die Thätigkeit dessen, was im Vermögen zu etwas ist.“ Es kann aber kein gemeinschaftliches Subjekt geben, welches sowohl untersteht dem Brote und dem Leibe Christi und beide nacheinander trägt; ist es ja doch der Substanz eben eigen, daß sie in nichts sei wie im Subjekte, sondern sie vielmehr ist Subjekt oder Träger der zum Wesen hinzutretenden Eigenschaften.Also kann man nicht sagen, die ganze Substanz des Brotes sei verwandelt worden in den Leib Christi. II. Die bildende Wesensform dessen, wozu etwas verwandelt wird, fängt an zu sein im Stoffe dessen, was in dasselbe verwandelt wird; wie, wenn die Luft sich verwandelt in Feuer, das da früher nicht existierte, die Form des Feuers anfängt neu zu sein im Stoffe der Luft; und ähnlich wenn die Speise verwandelt wird in die Substanz des Menschen und so anfängt, in neuer Weise zu sein, die Form des Menschen neu anfängt zu sein im Stoffe der Speise. Wird also das Brot verwandelt in den Leib Christi, so ist es notwendig, daß die substantielle Wesensform des Leibes Christi anfängt, ein neues Sein zu haben im Stoffe des Brotes; was falsch ist. Nicht also wird das Brot verwandelt in den Leib des Herrn. III. In dem, was an und für sich, kraft des Wesens, voneinander unterschieden ist, wird nie das Eine das Andere; wie z. B. aus der weißen Farbe nie die schwarze Farbe wird. Wohl aber wird das Subjekt der weißen Farbe, das Ding was weiß gewesen, nun Subjekt oder Träger der schwarzen Farbe (l Physic.). Wie nun zwei einander entgegengesetzte Formen, z. B. weiß und schwarz, an und für sich oder kraft des inneren Wesens verschieden sind, als Principien nämlich der Wesensverschiedenheit; so ist verschieden an und für sich, kraft der inneren Natur, dieser bestimmte Stoff von jenem bestimmten, denn ein solcher Stoff ist das Princip des Unterschiedes im Bereiche des Bestimmbaren, des materialen Unterschiedes in der Zahl. Also kann es nicht geschehen, daß dieser bestimmte Stoff des Brotes werde dieser bestimmte Stoff, wodurch der Leib des Herrn Einzelbestand erhält. Und so kann es nicht sein, daß die Substanz dieses Brotes verwandelt werde in die Substanz des Leibes Christi. Auf der anderen Seite sagt Eusebius Emissenus (hom. 5. de Pascha): „Neu und unmöglich darf es dir nicht vorkommen, daß in die Substanz Christi Irdisches und Vergängliches verwandelt werde.“
b) Ich antworte; da in diesem Sakramente der wahrhaftige Leib des Herrn ist und nicht anfängt, da zu sein kraft örtlicher Bewegung; so muß er anfangen, da zu sein kraft, der Verwandlung der Substanz des Brotes in den Leib. Diese Wandlung aber ist nicht ähnlich den natürlichen Veränderungen„ sondern ganz und gar übernatürlich, bewirkt durch die Kraft Gottes allein. Deshalb sagt Ambrosius (4. de sacr. 4.): „Nimm dies als ausgemacht an, daß das Wort Christi verändert wie Er will das von der Natur in gewöhnlicher Weise.Hergestellte. Denn Gewohnheit ist es der Natur, daß nur aus Mann und Frau ein Mensch erzeugt werde. Du siehst also, wie gegen diese Gewohnheit und über diese Ordnung hinaus ein Mensch geboren ward aus der Jungfrau.“ Und de Initiandis c. 9.): „Es steht fest, daß über die Ordnung der Natur hinaus eine Jungfrau geboren hat; und das, was wir vollenden, das ist der Leib, den die Jungfrau geboren. Was suchst du also die Ordnung der Natur in Christi Körper, da über die Natur hinaus der Herr Jesus Christus selbst von einer Jungfrau geboren wurde?“ Und zu Joh. 6. (verba quae ego) erklärt Chrysostomus (hom. 46. in Joan.): „Geistig sind diese Worte Christi; nichts Fleischliches und nichts Natürliches haben sie zur Folge; geschieden sind sie von jeder Notwendigkeit hier auf Erden und ragen weit hinaus über die Gesetze, die hier gelten.“ Denn offenbar wirkt jegliches Wesen, je nachdem es thatsächliches Sein hat. Jedes geschaffene wirkende Wesen ist aber bestimmt und beschränkt inseinem thatsächlichen Sein, da es zu einer bestimmten Art und Gattung gehört. Also jede Thätigkeit einer geschöpflichen wirkenden Ursache richtet sich auf etwas Bestimmtes, Beschränktes. Nun hat jegliches Ding seine bestimmte Beschränkung im thatsächlichen Sein kraft seiner Wesensform. Und somit kann kein geschaffenes wirkendes Wesen im Bereiche der Natur auf etwas Anderes hin wirken als auf die Änderung in der bestimmenden Form; so daß jede kreatürliche Wandlung, insoweit sie sich nach den Gesetzen der Natur vollzieht, nur immer die bestimmende Form betrifft, soweit nämlich der Stoff von dieser bestimmt und geformt wird. Gott aber ist unendliche Thatsächlichkeit. Also erstreckt sich sein Thätigsein auf die ganze Natur des Seins. Nicht also kann Er bloß eine solche Wandlung verursachen, welche sich auf die bestimmende Form erstreckt, wonach nämlich nur verschiedene bestimmende Formen sich in ein und demselben Subjekte oder Träger folgen; sondern Er kann das ganze Sein in ein anderes verwandeln, daß nämlich die ganze Substanz dieses Dinges verwandelt wird in die ganze Substanz jenes. Und dies geschieht in diesem Sakramente. Denn die ganze Substanz des Brotes wird verwandelt in die ganze Substanz des Leibes; und die ganze Substanz des Weines wird verwandelt in die ganze Substanz des Blutes. Hier liegt nicht nur ein Umwandeln vor, einzig gemäß der bestimmenden Form (eine conversio formalis), sondern gemäß der ganzen Substanz, den bestimmbaren Stoff und die bestimmende Form mit inbegriffen (conversio substantialis), so daß diese Wandlung unter den Gattungen der natürlichen Wandlungen sich nicht findet sondern einen eigenen Namen führt, nämlich den der „substantiellen Wandlung“ (transsubstantiatio).
c) I. Dieser Einwurf betrifft die Wandlungen von einer Form zur anderen, die sich folgen im selben Subjekte oder Stoffe, da der Form es eigen ist, in einem Stoffe oder einem bestimmbaren Träger zu sein Hier aber ist die Rede von einer Umwandlung der ganzen Substanz, wo Stoff und Form, Subjekt und Form, verwandelt wird. Da also eine solche Umwandlung einschließt eine geregelte Reihenfolge in den betreffenden Substanzen, von denen die eine verwandelt wird in die andere, so findet diese Umwandlung, soweit es auf das Subjekt oder den Träger ankommt, sich in beiden Substanzen; wie dies ja der Fall ist bei jeder Reihenfolge, bei einer Ordnung oder Zählung z. B., wo das Subjekt der Zählung alle gezählten Dinge sind. II. Auch dieser Einwurf hat keine Geltung für die Umwandlung der ganzen Substanz, wo kein gemeinschaftliches Subjekt besteht, auf dem die Wandlung sich vollzöge. III. Die Kraft einer beschränkten Ursache genügt nicht, um die eine Wesensform in die andere zu verwandeln oder diesen bestimmten Stoff in einen anderen. Dies kann aber geschehen vermittelst einer unendlichen Kraft (welche ihr Thätigsein erstreckt auf das ganze Sein); denn beiden solchen Formen und auf beiden Seiten des Stoffes ist eigen die Natur des Seins, diese ist also gemeinsam. Und das, was an Sein auf der einen Seite ist, kann der wirkende Urgrund alles Seins verwandeln in das, was an Sein auf der anderen Seite ist; nachdem hinweggenommen worden das, wodurch das Scheidende hergestellt ward.
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