Fünfter Artikel. Die Accidentien von Brot und Wein bleiben in diesem Sakramente nach der Konsekration.
a) Sie bleiben nicht. Denn: I. Die Substanz ist früher wie das Accidens oder die hinzutretende Eigenschaft, trägt vielmehr dieselbe. Nun fällt die Substanz von Brot und Wein fort, also auch selbstverständlich das von ihr Getragene, die Accidentien. II. Im Sakramente der Wahrheit darf keine Täuschung einen Platz finden. Nun urteilen wir nach diesen Accidentien oder nach diesen außen erscheinenden Eigenheiten über die innere Substanz. Also scheint das menschliche Urteil getäuscht zu werden, wenn diese äußeren Erscheinungen bleiben, während die innere Substanz nicht mehr da ist. III. Unser Glaube ist zwar nicht der Vernunft unterworfen, aber er ist doch nicht gegen die Vernunft. Nun hat unsere vernünftige Erkenntnis ihren Anfang in den Sinnen. Also darf unser Glaube nicht auf das Gegenteil einer solchen Erkenntnis sich richten. Hier aber würde urteilen der Sinn, es sei Brot, und der Glaube würde sagen, es sei der Leib des Herrn, wenn die Accidentien bestehen blieben; und beiderlei Urteil würde recht sein. Also bleiben die Accidentien nicht nach der Konsekration. IV. Was nach einer Wandlung bestehen bleibt, das scheint zu sein das Subjekt oder der Träger dieser Wandlung. Bleiben also die Accidentien bestehen, so würden sie das Subjekt der Wandlung in der Eucharistie sein; was gegen die Natur eines Accidens oder einer solchen äußeren Erscheinung ist. Also bleiben diese Accidentien nach der Konsekration nicht bestehen. Auf der anderen Seite sagt Augustin (Sent. Prosperi): „In der Gestalt des Brotes und Weines, die wir sehen, ehren wir Unsichtbares, nämlich Fleisch und Blut.“
b) Ich antworte; der sinnlichen Wahrnehmung nach bleiben nach der Konsekration die äußeren Accidentien bestehen. Dies geschieht: 1. Weil es für den Menschen etwas Ungewohntes, vielmehr Schreckliches ist, Fleisch von Menschen zu essen und menschliches Blut zu trinken; deshalb wird uns das Fleisch und Blut Christi unter Gestalten vorgestellt, unter denen wir für gewöhnlich essen und trinken, nämlich unter Brot und Wein; — 2. damit das Sakrament von den ungläubigen nicht verlacht würde, wenn wir unseren Herrn unter dessen eigener menschlicher Gestalt äßen; — 3. damit, wenn wir unsichtbarerweise da den Leib und das Blut des Herrn genießen, dies als Verdienst des Glaubens angerechnet werde.
c) I. Mehr hängt die Wirkung ab von der ersten wie von der untergeordneten Ursache (nach lib. de cons. prop. 1.). Also kraft der göttlichen Ursächlichkeit kann das Frühere fortgenommen werden und das Spätere bestehen bleiben. II. In diesem Sakramente ist keinerlei Täuschung. Denn die äußeren Accidentien, welche von den Sinnen wahrgenommen werden, sind thatsächlich da. Die Vernunft aber und nicht die Sinne geht es an, über die allgemeine innere Substanz zu urteilen (3. de anima). III. Der Glaube richtet sich nicht gegen den Sinn, sondem auf das, bis wohin der Sinn nicht reicht. IV. Diese Verwandlung hat kein eigentliches Subjekt, von dem getragen sie sich vollzieht. Jedoch haben die Accidentien, die bleiben, eine gewisse Ähnlichkeit mit einem derartigen Träger oder Subjekt.
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