Dritter Artikel. Die Substanz von Brot und Wein in diesem Sakramente wird nach der Konsekration nicht zu nichts.
a) Dies scheint aber. Denn: I. Was da etwas Körperliches ist, das muß irgendwo sein. Die Brotsubstanz aber, die doch etwas Körperliches ist, bleibt nicht in diesem Sakramente; es kann auch kein Ort bezeichnet werden, wo sie sei. Also wird sie zu nichts. II. Das, von wo eine Änderung oder Verwandlung ausgeht, bleibt nur bestehen etwa im passiven, bestimmbaren Vermögen des Stoffes; wie z. B., wenn aus Luft Feuer wird, die Substanz der Luft in keiner Weise bleibt außer etwa dem bestimmbaren Vermögen nach, daß da nämlich wieder, unter einer einwirkenden Ursache, Luft sein kann. In diesem Sakramente aber ist die Substanz von Brot und Wein der Ausgangspunkt der Wandlung oder Veränderung; und der Leib und das Blut Christi ist der Abschlußpunkt: „Vor der Konsekration wird da die äußere Gestalt genannt; nach der Konsekration ist es der Leib Christi,“ sagt Ambrosius (l. c.). Also wird die Substanz von Brot und Wein zu nichts oder zu einem bloßen, rein bestimmbaren Vermögen, um etwas zu werden. III. Der eine Teil eines Gegensatzes wie der von Sein und Nichtsein muß wahr sein und der andere falsch. Dieser Satz aber ist falsch: „Nach der Konsekration ist die Substanz von Brot und Wein etwas.“ Also ist dieser andere wahr: „Nach der Konsekration ist die Substanz von Brot und Wein nichts.“ Auf der anderen Seite „ist Gott nicht die Ursache dafür, daß etwas zu einem Nichtsein wird“ (Aug. 85. q. 21.). Dieses Sakrament aber wird vollendet durch göttliche Kraft. Also wird da Brot und Wein nicht zu nichts.
b) Ich antworte; einige meinten, die Verwandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Jesu sei unmöglich; und nahmen an, durch die Konsekration werde die Substanz von Brot und Wein zu nichts oder sie werde aufgelöst in den vorliegenden Stoff. Nun bilden den vorliegenden Stoff, in welchen die zusammengesetzten Körper aufgelöst werden können, die vier Elemente. Denn die Auflösung kann nicht geschehen in den Urstoff, weil dieser ohne jede Wesensform existiert und ohne eine irgend welche Form der Stoff nicht thatsächlich bestehen kann. Da jedoch nach der Konsekration nichts sich findet unter den Gestalten von Brot und Wein wie der Leib und das Blut Christi, so müßte man sagen, daß die Elemente, in welche nach dieser Meinung die Substanz von Brot und Wein aufgelöst worden, von da sich entfernen vermittelst örtlicher Bewegung; was aber der Sinn wahrnehmen würde. Ebenso bleibt die Substanz von Brot und Wein bis zum letzten Augenblicke der Konsekration; in diesem Augenblicke aber ist da bereits die Substanz des Leibes und des Blutes, wie im letzten Augenblicke der Zeugung eines Dinges bereits innewohnt die Wesensform. Also wäre da kein Augenblick zu kennzeichnen, in welchem bestehe der besagte vorliegende Stoff, nämlich die Elemente, aus denen die Substanz von Brot und Wein besteht. Auch kannnicht gesagt werden, nach und nach gehe fort die Substanz des Brotes und Weines und löse sich in ihre Elemente auf. Denn will man sagen, dies beginne im letzten Augenblicke der Konsekration, so wäre in einem Teile der Hostie zu gleicher Zeit die Substanz des Leibes Christi und die Substanz des Brotes; was eben ausgeschlossen worden ist; — oder sagt man, dieses allmähliche Verschwinden der Substanz von Brot und Wein beginne vor der Konsekration, so gäbe es eine Zeit, wo in einem Teile der Hostie weder wäre die Substanz des Brotes noch die Substanz des Leibes Christi; was unzulässig ist. Und diese Unzulässigkeiten scheinen die Verteidiger einer derartigen Meinung selber gefühlt zu haben. Deshalb fügten sie hinzu, entweder werde die Substanz aufgelöst in den vorliegenden Stoff oder sie werde zu nichts. Aber auch das kann nicht sein. Denn es giebt keine andere Art und Weise, wie Christus anfangen könnte, seinem wahren Leibe nach in diesem Sakramente gegenwärtig zu sein wie vermittelst der Wandlung der Brotsubstanz in seinen Leib. Diese Wandlung aber wird hinweggenommen, wenn man annimmt, die Substanz des Brotes werde zu nichts oder sie löse sich auf in ihre Elemente. Es wäre zudem gar nicht anzugeben, von wo aus dieses Zu- Nichte-werden oder diese Auflösung verursacht werden soll, da doch die sakramentale Wirkung immer durch die Form des Sakramentes ausgedrückt wird; keine derartige Wirkung aber wird ausgedrückt durch die Worte der Form: „Das ist mein Leib.“ Sonach ist offenbar die besagte Annahme falsch
c) I. Die Substanz von Brot und Wein bleibt nach der Konsekration weder unter den sakramentalen Gestalten noch sonstwo. Trotzdem aber ist sie nicht zu nichte geworden. Es hat eben eine Umwandlung stattgefunden. Ebenso folgt nicht, daß, wenn aus der Luft Feuer geworden ist und die Luft somit weder da ist noch sonstwo, daß sie zu nichts geworden sei. II. Die Wesensform, von der ausgegangen wird, verwandelt sich nicht in eine andere Form. Aber es folgt ihr im nämlichen Subjekte eine andere Form; und somit bleibt die erstere nur im Vermögen des Stoffes, der so etwas wieder werden kann. Hier aber wird die Substanz des Brotes verwandelt in den Leib Christi; und so folgt das nicht, was der Einwurf will. III. Freilich ist es falsch, nach der Konsekration zu sagen: „Die Substanz des Brotes ist etwas.“ Das aber, wozu diese Substanz verwandelt worden, ist etwas. Also ist sie nicht zu nichts geworden.
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