Erster Artikel. Der ganze Christus ist in diesem Sakramente enthalten.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Christus fängt hier zu sein an kraft der Verwandlung von Brot und Wein. Brot und Wein können aber weder in die Gottheit noch in die Seele Christi verwandelt werden. Also ist nicht der ganze Christus da. II. Christus ist in diesem Sakramente als Nahrung, nach Joh. 6.: „Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise und mein Blut ist wahrhaft ein Trank.“ Also ist bloß das Fleisch und das Blut Christi zugegen und nicht die Nerven, Knochen etc. III. Ein Körper von größerem Umfange kann nicht ganz und gar enthalten sein unter einem geringeren Umfange. Das Brot und der Wein aber, was konsekriert wird, ist dem Umfange nach weit geringer wie der dem Körper Christi eigene Umfang. Auf der anderen Seite sagt Ambrosius (de Initiandis c. 9.): „In diesem Sakramente ist Christus.“
b) Ich antworte; nach dem katholischen Glauben sei es durchaus notwendig zu bekennen, daß der ganze Christus im Sakramente gegenwärtig sei. Man muß jedoch glauben, daß das, was zu Christo gehört, in doppelter Weise in diesem Sakramente ist: 1. kraft des Sakramentes selber; 2. kraft natürlichen Begleitens (concomitantia). Kraft des Sakramentes ist zugegen das, was durch die Worte der Form bezeichnet wird, die das wirken, was sie ausdrücken: also der Leib und das Blut Jesu. Kraft natürlichen Begleitens ist zugegen, was dem thatsächlichen Sein nach verbunden istmit jenem durch die Form Gewirkten. Denn wo zwei Dinge untrennbar sind, muß da, wo das eine thatsächlich ist, auch das andere sein. Nur nämlich die Auffassung der Seele kann trennen, was an sich, objektiv, verbunden ist.
c) I. Die Gottheit und die Seele ist zugegen, nicht kraft des Sakramentes, sondern kraft thatsächlichen Begleitens, weil sie thatsächlich mit dem Leibe und Blute verbunden sind und letzteres nicht ohne dies gefunden wird. Denn da die Gottheit den angenommenen Leib niemals verlassen hat, muß da die Gottheit sein, wo der Leib ist. Deshalb heißt es im symbolum Ephesinum: „Wir nehmen teil am Körper und Leibe Christi; nicht als ob wir gewöhnliches Fleisch zu uns nähmen und nicht als das Fleisch und Blut eines geheiligten, mit dem Worte gemäß der Würde nur verbundenen Menschen, sondern als das wahrhaft lebenspendende und dem göttlichen Worte in eigener Person zugehörige Fleisch und Blut.“ Die Seele aber war während des Todes getrennt vom Leibe. Hätten deshalb die Apostel in jener Zeit vor der Auferstehung das Sakrament gefeiert, so würde die Seele nicht gegenwärtig gewesen sein weder kraft des Sakramentes noch kraft thatsächlichen Begleitens. Weil nun nach der Auferstehung thatsächlich mit dem Leibe und Blute Christi verbunden ist die Seele, so ist sie zugegen kraft thatsächlichen Begleitens. II. Kraft des Sakramentes ist zugegen nicht bloß das Fleisch, sondern auch die Nerven, Knochen etc. Dies geht aus den Worten der Form hervor. Da heißt es nicht: „Das ist mein Fleisch,“ sondern: „Das ist mein Leib.“ Christus also setzt da in seinen Worten „Fleisch“ für den ganzen Körper, weil das Fleisch mehr als die anderen Teile des Körpers zum Esien geeignet erscheint. III. Die Accidentien bleiben nach der Verwandlung. Also ist da nicht der Umfang von Brot und Wein verwandelt in den Umfang des Leibes Christi; sondern die Substanz ist verwandelt in die Substanz. Somit ist der Leib Christi zugegen in der Weise einer Substanz, nicht unter dem Gesichtspunkte des Umfangs. Das der Substanz eigene Ganze aber nimmt keinerlei Rücksicht auf großen oder kleinen Umfang; wie die ganze Natur der Luft ist im kleinsten Umfange wie im größten und die ganze Substanz „Mensch“ ist im kleinsten wie im größten Menschen. Also ist zugegen die ganze Substanz des Leibes und Blutes Christi nach der Konsekration ebenso wie vorher war die ganze Substanz von Brot und Wein.
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