Zweiter Artikel. Die entferntere Materie der Buße sind die Sünden.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Die Materie in den anderen Sakramenten wird geheiligt und bethätigt durch die Worte der Form. Die Sünden aber können nicht geheiligt werden und nicht die Wirkung der Buße, die Gnade nämlich, wirken. II. „Um ein neues Leben zu beginnen, muß jemand das alte bereuen,“ sagt Augustin (hom. 27.). Zum alten Leben aber gehören nicht nur die Sünden, sondern auch die als Strafe dienenden Trübsale hier auf Erden. Also sind die Sünden nicht die eigens entsprechende Materie der Buße. III. Die Buße richtet sich nicht gegen die Erbsünde, die ja durch die Taufe getilgt wird; nicht gegen die Todsünde, die durch das Bekenntnis getilgt wird; nicht gegen die läßliche, die durch vielerlei getilgt wird. Also sind die Sünden keine Materie für die Buße. Auf der anderen Seite sagt der Apostel (2. Kor. 12.): „Sie thaten nicht Buße wegen ihrer Unreinigkeit und Unzucht und Schamlosigkeit.“
b) Ich antworte; wie der nächste Stoff für ein Gemälde die Leinwand ist, der entferntere aber die Pflanze, aus welcher die Leinwand gewonnen wird; — so bilden die nächste Materie der Buße die äußeren Akte des Sünders; die entferntere die Sünden, die ihn schmerzen. Also sind die Sünden die entferntere Materie für die Buße; freilich nicht. insoweit sie gefallen, sondern insoweit sie verabscheut werden.
c) I. Da ist von der nächsten Materie die Rede. II. Das alte Leben ist Gegenstand der Buße auf Grund der Sünden. III. Die Buße erstreckt sich auf alle Art Sünden, aber in je anderer Art. An erster Stelle und eigentlich ist ihr Gegenstand die aktuelle, persönlich begangene Sünde. Denn wir haben im eigentlichen Sinne Schmerz über die Sünden, die von unserem Willen kommen; und an erster Stelle ist dieses Sakrament eingesetzt, um die aktuelle schwere Sünde zu tilgen. Die läßliche Sünde geht wohl von unserem Willen aus und wird somit im eigentlichen Sinne bereut; aber nicht an erster Stelle. Die Erbsünde ist auch nicht im eigentlichen Sinne Gegenstand der Buße, da wir sie nicht begangen haben und sie somit nur wie überhaupt jedes vergangene Übel verabscheuen; wie Augustin sagt (de vera et falsa poenit. c. 8.).
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