Vierter Artikel. Der Wille ist der Sitz der Buße.
a) Das scheint nicht. Denn: I. Die Buße ist eine Art der Trauer; also ist sie in der Begehrkraft. II. Sie ist eine Art Rache oder Vergeltung; also ist sie in der Abwehrkraft, wozu der Zorn gehört. III. Das Vergangene ist der Buße eigenster Gegenstand. Also ist sie im Gedächtnisse. IV. Nichts wirkt außer da, wo es ist. Also ist die Buße in allen Seelenkräften; denn sie treibt aus allen heraus die Sünden. Auf der anderen Seite ist die Buße ein gewisses Opfer, nach Ps. 50.: „Ein Opfer Gott gegenüber ist ein zerknirschter Geist.“ Opfer darbringen aber ist ein Akt des Willens, nach Ps. 53.: „Aus meinem Willen heraus will ich Dir opfern.“ Also ist die Buße im Willen.
b) Ich antworte, als Leidenschaft betrachtet sei die Buße oder Reue, als eine Trauer, in der Begehrkraft wie in ihrem Sitze oder Subjekt. Als Tugend ist sie eine Gattung in der Gerechtigkeit. Also ist sie wie diese (I., II. Kap. 56, Art. 6.) im Willen als in ihrem Sitze oder Subjekte. Und ihre eigentlichste Thätigkeit ist das Vornehmen oder das Wollen, zu bessern das, was gegen Gott begangen ward.
c) I. Dies ist die Buße als Leidenschaft. II. Aus Leidenschaft Vergeltung oder Rache erstreben, gehört zur Abwehrkraft. Auf Grund der Vernunft dies erstreben, gehört zum Willen. III. Die Buße hat zur Voraussetzung das Auffassen von etwas Vergangenem von seiten des Gedächtnisses; ihr eigenster Akt aber ist das Wollen der Besserung; also ist sie im Willen. IV. Der Wille setzt in Bewegung oder Thätigkeit alle Kräfte der Seele; also kann die Buße im Willen ganz wohl, als etwas von ihr Gewirktes, zur Folge haben für alle Seelenkräfte die Entfernung der Sünde.
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