Zweiter Artikel. Die Engel können Körper annehmen.
a) Dagegen spricht: I. Die Kraft des Engels überragt jede körperliche Kraft. Also wäre es überflüssig für ihn, sich als Werkzeuges eines Körpers zu bedienen. In der Natur aber besteht nichts Überflüssiges. II. Jedes Annehmen eines Körpers findet seinen Abschluß in der Vereinigung mit diesem Körper. Der Engel aber ist mit keinem Körper vereint als dessen innerlich bestimmende Wesensform wie die menschliche Seele. (Art. 1.) Er ist weiter nicht mit einem Körper vereint als mit dem Gegenstande etwa, den er bewegt; sonst müßte er alle Körper annehmen, die von ihm aus bewegt werden. Also nimmt kein Engel einen Körper an. III. Die Engel nehmen keine Körper an aus Erde oder Wasser, denn ein solcher Körper würde nicht allsogleich im Augenblicke verschwinden; nicht aus Feuer, denn sie würden damit, was sie berührten, verbrennen; nicht ausLuft, denn Luft kann keine Figur und keine Farbe festhalten; — also keinen. Auf der anderen Seite sagt Augustin; die Engel seien mit angenommenen Körpern dem Abraham erschienen. (16. de Civ. 29.)
b) Ich antworte: Einige sagten, daß die Engel niemals Leiber annehmen; sondern was derartiges in der Schrift erzählt werde, sei eine Folge der Einbildungskraft, nämlich gemäß prophetischen Gesichten, die in der Einbildungskraft ihren Sitz haben. Das ist gegen die Absicht der Schrift. Denn was in dieser letzteren Weise gesehen wird, das schaut nur jener, der die Erscheinung in seiner Einbildungskraft hat. Die heilige Schrift aber spricht von Engeln, die allen ohne Unterschied erschienen sind; wie die Engel, welche Abraham erschienen, gesehen worden sind von ihm und von seiner ganzen Familie, von Loth und der ganzen Stadt Sodoma. Auch der Engel des Tobias ward von allen gesehen. Daraus ist aber klar, daß der Engel gesehen wurde, wie etwas, das außerhalb des Sehenden besteht. Das ist aber nur ein Körper. Also da die Engel keine Körper sind und mit keinem Körper in ihrer Natur geeinigt, nehmen sie Körper manchmal an.
c) I. Die Engel bedürfen des Annehmens eines Körpers nicht wegen ihrer, sondern unsertwegen; damit sie mit uns vertraulicher umgehen können, und so uns gleichsam durch die That zeigen, welche Gesellschaft wir im Himmel haben werden. Daß sie im Alten Testamente Körper annahmen. geschah, damit dies eine Figur und ein Zeichen sei für die heilige Menschwerdung des göttlichen Wortes. Darauf bezogen sich all diese Erscheinungen im Alten Testamente. II. Der Engel ist mit dem Körper vereint, nicht als dessen Form und nicht als dessen Beweger; sondern um eine, nur dem rein vernünftigen Erkennen zugängliche Eigentümlichkeit ihrer Substanz oder ihres Wissens in sinnlicher Weise darzustellen. III. Die Luft kann ganz wohl verdichtet werden und Figur und Farbe annehmen, wie dies in den Wolken erscheint. Ünd so nehmen die Engel Körper an; sis verdichten kraft göttlicher Macht die Luft, wie weit es zur Herstellung der Form und Figur eines Körpers erfordert wird.
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