Achter Artikel. Nichts kann widerstehen der von Gott gesetzten Ordnung.
a) Das scheint doch der Fall zu sein. Denn: I. Isaias 3, 8. heißt es: „Ihre Zunge und ihre Erfindungen sind immer gegen den Herrn gerichtet.“ II. Kein König straft gerechterweise jene, welche der vorgesetzten Ordnung nicht Widerstand leisten. Wenn also Nichts der Ordnung Gottes widersteht, so bestraft Gott mit Unrecht. III. Jegliche Sache ist der göttlichen Weltleitung unterworfen. Die eine Sache aber ist bekämpft von der anderen. Also giebt es Dinge, die der göttlichen Weltleitung widerstreben. Auf der anderen Seite sagt Boëtius (3. de consol. prosa 12.): „Es giebt nichts, was diesem höchsten Gute könnte oder wollte widerstehen. Das höchste Gut also ist es, daß da alles mit Kraft und Milde leitet.“ (Sap. 8.)
b) Ich antworte; die Ordnung, welche von der göttlichen Weisheit kommt, kann von zwei Seiten her betrachtet werden: Einmal im allgemeinen, soweit sie nämlich von jener Ursache ausgeht, welche das All regiert; — dann im besonderen, soweit diese Ordnung von einer beschränkten Ursache ausgeht, die zur Ausführung der göttlichen Vorsehung mithilft. In der erstgenannten Weise kann nichts der göttlichen Ordnung widerstehen; was aus zwei Umständen her einleuchtet. 1. Die Ordnung der göttlichen Weisheit ist allein und ganz auf das Gute gerichtet; und ein jedes Ding ist nur thätig und strebt nur, soweit selbiges etwas Gutes vor sich hat; denn „kein Ding strebt nach etwas und arbeitet um etwas, was ihm als schlecht vorkommt“, sagt Dionysius (4. de div. nom.) 2. Jede Hinneigung, sei sie naturnotwendig oder freiwillig, ist nichts Anderes als ein Eindruck von seiten des Erstbewegenden; wie die Hinneigung des Pfeiles zur Zielscheibe ein vom Schützen mitgeteilter Eindruck ist. Alle Dinge also, mögen sie der Naturnotwendigkeit folgen oder dem freien Willen, kommen wie von selbst dahin, wohin Gott sie bestimmt hat. Deshalb sagt die Weisheit: „Gott leite Alles mit Milde.“
c) I. Manche denken, sprechen, handeln gegen den Herrn; nicht als ob sie ganz und gar der göttlichen Ordnung widerstrebten (denn auch sie wollen ja durch die Sünde etwas erreichen, was ihnen als ein Gut vorkommt); aber sie widerstreben einem gewissen beschränkten Gute, welches ihnen zukömmlich ist, sei es auf Grund ihres Standes sei es auf Grund ihrer Natur. Und deshalb werden sie gerechterweise von Gott bestraft. II. Damit beantwortet. III. Etwas kann widerstreben der Ordnung, insoweit dieselbe von einer besonderen beschränkten Ursache herkommt; und deshalb kämpft es dagegen. Der Ordnung aber, welche sich von der allgemeinen Ursache ableitet, kann nichts widerstreben.
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