Vierter Artikel. Die Güte oder Bosheit des äußerlichen Aktes fügt etwas hinzu zur Güte oder Bosheit des innerlichen.
a) Dagegen sagt: I. Chrysostomus (in Matth. hom. 19.): „Der Wille ist es, welcher belohnt wird für das Gute oder verurteilt wegen des Bösen.“ Die äußeren Werke aber sind nichts Anderes wie Zeugnisse und Zeichen des Willens. Gott also kümmert sich nicht um die Werke an und für sich betrachtet, damit Er richte; sondern Er macht sie offenbar um der Anderen willen, damit Alle erkennen, daß Gott gerecht sei. Das „Gute“ und „Böse“ nun ist zu beurteilen vielmehr gemäß dem, wie Gott urteilt als gemäß dem, wie die Menschen urteilen. Also nichts fügt der äußere Akt zum Guten oder zum Bösen des inneren Aktes hinzu. II. Ein und dieselbe ist die Güte des inneren und des äußeren Aktes. Das Hinzufügen oder Vermehren aber geschieht in der Weise, daß das eine zu etwas Anderem von ihm Verschiedenen hinzutritt. Also vermehrt der äußere Akt in keiner Weise die Güte im inneren Akte. III. Die ganze Güte in den Kreaturen vermehrt in nichts die Güte Gottes, weil sie ganz und gar sich ableitet von der göttlichen Güte. Die Güte im äußeren Akte aber leitet sich bisweilen ganz und gar ab von der Güte im inneren und umgekehrt. Also. Auf der anderen Seite beabsichtigt jeder, der wirkt, ein Gut zu erlangen oder ein Übel zu meiden. Enthält also der äußere Akt nichts Gutes, was er hinzufügen kann zur bereits bestehenden Güte des inneren, so vollführt derjenige, welcher guten oder schlechten Willen hat, vergebens das gute Werk oder enthält sich des bösen; was unzukömmlich ist.
b) Ich antworte; wenn wir von jenem Guten im äußeren Akte sprechen, was er vom Guten des Zweckes allein her entlehnt, dann fügt der äußere Akt an und für sich nichts hinzu zur Güte im Willen außer etwa in dem Falle, daß der Wille selbst durch das äußere Werk besser wird im Guten und schlimmer im Bösen. Das kann nun in dreifacher Weise geschehen: 1. Wenn jemand elwas thun will für einen guten oder schlechten Zweck; es aber dann, wenn er dies will, nicht thatsächlich vollendet, nachher aber es wirklich will und vollbringt; dann wird der Willensakt verdoppelt und so ist das Gute oder das Üble im Willen doppelt vorhanden; — 2. wenn jemand etwas für einen guten oder schlechten Zweck thun will und auf Grund eines Hindernisses davon abläßt, ein anderer aber diese selbe Willensbewegung fortsetzt, bis das Werk vollendet ist; dann dauert der Wille längere Zeit im Guten und im Bösen und danach, der Ausdehnung oder dem weiteren Umfang nach, ist er besser oder schlechter; 3. gemäß der größeren Anspannung des Willensaktes; denn manche äußere Werke giebt es, welche indem Grade daß sie Ergötzlichkeit oder Pein verursachen geeignet sind, die Willenskraft anzuspannen oder deren Nachlassen im Gefolge zu haben; danach also auch wird der Wille selbst besser oder schlechter. Wird jedoch vom äußeren Akte gesprochen, insoweit er auf einen Gegenstand und die entsprechenden Umstände gerichtet ist, so steht er zum Willen im Verhältnisse des End-und Zielpunktes; und demgemäß fügt er zum Willensakte an Güte oder Bosheit in jedem Falle hinzu. Denn jegliche Hinneigung oder Bewegung wird dadurch vollendet und vervollkommnet, daß sie ihren Zweck und Zielpunkt erreicht. Demnach ist nur ein solcher Wille vollkommen, welcher, ist die Gelegenheit geboten, auch thätig ist. Besteht die Gelegenheit, also die Möglichkeit, den inneren Willen nach außen hin ins Werk zu setzen, aber nicht; so ist der Mangel an jener Vollendung„ welche dem Willen vom äußeren Werke her kommt, einfach ein gänzlich unfreiwilliger. Wie nun was unfreiwillig ist weder Lohn noch Strafe verdient, ebenso nimmt es nichts von dem Lohne oder von der Strafe, wenn der Mensch unfreiwillig des äußeren guten oder schlechten Werkes ermangelt.
c) I. Chrysostomus spricht vom Willen, insofern er durchaus vollendet ist und nur deshalb nicht ins Werk gesetzt wird, weil dies unmöglich ist. II. Was die Güte anbetrifft, welche vom Zwecke allein herrührt, so ist die Güte des äußeren und inneren Aktes ganz die gleiche. Die Güte aber, welche der äußere Akt vom Gegenstande, als von dem Stoffe, mit dem er sich beschäftigt, und von den Umständen hat, ist eine andere wie die, welche der Zweck verleiht; sie ist aber keine andere, als die, welche der Wille hat von der gewollten Thätigkeit her, sondern diese Güte ist die Richtschnur für das Wollen, wie Art. 1 gesagt worden. III. Damit beantwortet.
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