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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Achtundfünftigste Homilie. Kap. XVII, V.22 - Kap XVIII.

3.

Siehst du da, wie Christus uns von neuem zu äußeren guten Werken auffordert und zeigt, dass man sie alle freiwillig üben kann, womit er den verderblichen Wahnsinn der Manichäer widerlegt? Denn wenn die Natur etwas Böses wäre, wie könnte er seine Beispiele für die Übung der Tugenden aus ihr wählen? Ich bin aber überzeugt, er hat ein Kind, und zwar ein noch recht kleines Kind in ihre Mitte gestellt, das ganz frei war von all diesen bösen Eigenschaften. Ein solches Kind nämlich ist nicht keck, ehrgeizig, neidisch, eifersüchtig und wie alle diese Unarten heißen; es besitzt im Gegenteil viele gute Eigenschaften: es ist einfältig, demütig, mischt sich in nichts ein, ist nicht eingebildet. Es ist nämlich doppelt tugendhaft, solche Eigenschaften zu besitzen und sich darüber nicht aufzublähen. S. d840 Deshalb also rief es der Herr herbei und stellte es in ihre Mitte. Das war aber nicht die einzige Lehre, die er ihnen gab. Er fährt in seiner Ermahnung noch fort:

V.5: „Und wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, nimmt mich auf.“

Er sagt damit: Nicht nur, wenn ihr selbst wie Kinder werdet, wird euch ein großer Lohn zuteil werden, sondern auch wenn ihr andere, die so sind, um meinetwillen ehret, stelle ich euch als Entgelt für die Anerkennung, die ihr jenen zollet, das Himmelreich in Aussicht. Ja, was noch viel mehr ist, er sagt: „Der nimmt mich auf.“ So sehr, sagt er, bin ich für Demut und Einfalt eingenommen. Deshalb gibt er ja auch den Menschen, welche schlicht und demütig sind, und von der großen Menge zurückgesetzt und geringschätzig behandelt werden, den Namen Kinder. Um seine Worte noch eindringlicher zu machen, bekräftigt er sie durch den Hinweis nicht bloß auf die Belohnung, sondern auch auf die Strafe. Er fährt fort:

V.6: „Wer aber eines von diesen Kleinen ärgert, welche an mich glauben, für den wäre es besser, dass ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er versenkt würde in die Tiefe des Meeres.“

Das soll heißen: Gleichwie diejenigen, welche solche Kinder um meinetwillen ehren, den Himmel, ja eine noch größere Auszeichnung als das Himmelreich erhalten werden, so werden auch diejenigen, welche sie verachten1 , der schwersten Strafe verfallen. Es darf dich nicht wundern, dass er mit dem Worte „ärgern“ die verächtliche Behandlung bezeichnet; denn gar manche schwache Seele hat an Verachtung und Geringschätzung großes Ärgernis genommen. Um nun die Größe und Schwere der Freveltat hervorzuheben, stellt er den Schaden, den sie anrichten, vor Augen. Er weist nicht mehr auf die Sache selbst hin, um ihre Strafwürdigkeit darzutun, sondern geht von ganz bekannten Dingen aus, um zu zeigen, wie abscheulich sie ist. Jedesmal nämlich, wenn er härtere Herzen treffen will, bedient er sich ganz sinnfälliger S. d841 Beispiele. So spricht er auch hier, wo er die Frechheit solcher Verächter treffen und zeigen will, dass sie eine große Strafe zu gewärtigen haben, von einer sinnfälligen Züchtigung, nämlich von Mühlstein und von der Versenkung ins Meer. Und doch hätte man nach dem Vorausgehenden erwarten sollen: „Wer eines von diesen Kleinen nicht aufnimmt, nimmt mich nicht auf“, und das wäre die empfindlichste aller Strafen. Weil sie jedoch sehr stumpfsinnig und gefühllos waren, hätte diese wenn auch entsetzliche Strafe doch wenig Eindruck auf sie gemacht; darum bedient er sich des Gleichnisses vom Mühlstein und von der Versenkung. Seine Worte lauten jedoch nicht, ein Mühlstein werde wirklich an seinen Hals gehängt werden, sondern: es wäre besser für ihn, wenn es geschähe; dadurch deutet er an, dass seiner eine andere noch schlimmere Strafe harrt. Ist ersteres schon etwas Entsetzliches, wie wird erst das letztere sein?

Siehst du, wie der Herr in zweifacher Weise Schrecken einflößt, einerseits indem er seine Drohung durch das Beispiel aus dem Leben beleuchtet, anderseits indem er sie zwingt, sich eine noch weit fürchterlichere als die erwähnte übermäßige Strafe vorzustellen? Siehst du, wie er auch den Hochmut gründlich auszurotten sucht? Wie er die Eiterbeule der Eitelkeit heilt? wie er die Apostel anleitet, nie nach den ersten Plätzen zu streben? wie er diejenigen, welche nach den ersten Plätzen trachten, anweist, überall die letzte Stelle einzunehmen? Es gibt eben nichts Schlimmeres als den Hochmut. Der nimmt den Menschen die vernünftige Überlegung, zieht ihnen den Ruf der Albernheit zu, ja bringt sie so weit, dass sie völlig unvernünftig werden. Wenn jemand, der nur drei Ellen hoch ist, Anstrengungen macht, um höher als ein Berg zu werden, oder wenn er sich dies auch nur einbildete, und sich streckte, als überragte er tatsächlich den Berggipfel, so brauchten wir nach keinem weiteren Beweise für seinen Unverstand zu suchen. Ebenso bedarf man keines anderen Beweises für die Narrheit eines Hochmütigen, als zu sehen, wie er sich für besser als alle übrigen hält, und es für eine Schmach ansieht, mit den anderen zusammenzuleben. Ein solcher ist eigentlich viel lächerlicher als ein wirklicher Narr, weil er an seinem S. d842 elenden Zustande selbst schuld ist. Überdies ist er auch schlimmer daran, weil er, ohne es wahrzunehmen, immer tiefer in dieses Unheil hineingerät. Wann sollte auch wohl ein solcher seinen Fehler gehörig einsehen? seine Sünden erkennen? Wie einen elenden Sklaven, wie eine Kriegsbeute nimmt, führt, schleppt ihn der Teufel mit sich herum, peitscht und treibt ihn immer wieder zu allerlei schimpflichen Handlungen. Schließlich verleitet er ihn zu solchem Wahnwitz, dass er sogar Weib und Kind und die eigenen Eltern verachtet. Andere hingegen führt er dazu, dass sie sich mit dem Glanz ihrer Ahnen brüsten. Kann es etwas Widersinnigeres geben, als dass man aus so ganz entgegengesetzten Ursachen in gleicher Weise hochfahrend wird; die einen, weil ihre Väter, Großväter und Urgroßväter nur einfache Leute, die anderen, weil dieselben angesehen und berühmt waren? Wie könnte man wohl den Hochmut solcher Menschen dämpfen? Zu dem einen müsste man sagen: Gehe doch weiter zurück, hinauf über Großväter und Urgroßväter, und du wirst vielleicht2 viele finden, die Köche, Eseltreiber und Krämer waren; zu den anderen, die sich über ihre schlichten Vorfahren erheben, umgekehrt: Gehe auch in der Reihe deiner Voreltern weiter zurück und du wirst finden, dass viele darunter sich weit mehr ausgezeichnet hatten als du.


  1. das bedeutet nämlich ärgern ↩

  2. unter deinen Ahnen ↩

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