• Start
  • Werke
  • Einführung Anleitung Mitarbeit Sponsoren / Mitarbeiter Copyrights Kontakt Impressum
Bibliothek der Kirchenväter
Suche
DE EN FR
Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Achtzigste Homilie. Kap.XXVI,V.6-16.

2.

Wer hat also diese Geschichte verbreitet und bekannt gemacht? Die Macht desjenigen, der diese Worte gesprochen hatte. Mit Schweigen bedeckt sind die Heldentaten zahlreicher Könige und Feldherrn, selbst wenn ihre Denkmale noch bestehen; von den Männern, die Städte gegründet und mit Mauern umschlossen, die Schlachten gewannen, Siegeszeichen errichtet und viele Völker unterworfen haben, kennt man weder Geschichte noch Namen, obschon sie Standbilder aufgestellt und Gesetze gegeben hatten. Dass aber eine Buhlerin im Hause eines Aussätzigen, im Beisein von zehn Männern Öl ausgegossen, das feiert die ganze Welt, und trotzdem so lange Zeit schon seitdem verstrichen, ist das Andenken an die Tat noch nicht verblasst, sondern bei Persern und Indern, Skythen und Thrakern, Sarmaten und Mauren und auf den Britischen Inseln wird gepriesen, was in der Stille in Judäa in einem Hause eine Buhlerin getan hat. Groß ist die Güte des Herrn. Er scheut sich nicht vor einer Buhlerin, die seine Füße küsst, mit Öl benetzt und mit ihren Haaren trocknet; er gestattet es und rügt sogar die Tadler. Sie hätten auch das Weib nicht in Verlegenheit setzen sollen, das einen so großen Eifer bekundete. Beachte indes auch den Umstand, dass die Jünger hochherzig und bereit zum Almosen waren. Daher S. d1143 sagte der Herr auch nicht unmittelbar, das Weib habe ein gutes Werk verrichtet, sondern spricht vorher: „Was behelliget ihr dieses Weib?“ Sie sollten lernen, dass man von Leuten, die noch schwach sind, nicht sofort das Höchste verlangen dürfe. Darum fasst er auch die Handlung nicht an und für sich ins Auge, sondern in Anbetracht der Person des Weibes. Hätte er eine allgemeine Verhaltungsmaßregel geben wollen, so hätte er nicht auf das Weib Bezug genommen; weil er jedoch zeigen wollte, er rede um ihretwillen, damit sie nämlich ihren aufkeimenden Glauben nicht zerstörten, sondern vielmehr pflegten, deshalb spricht er diese Worte. Er will uns damit die Lehre geben, dass man jeden, der irgendein gutes Werk tut, mag es auch nicht sehr vollkommen sein, loben und ermuntern, zu Besserem anleiten und nicht im Anfang alles ganz vollkommen fordern soll. Dass das seine Absicht war, folgt aus der Tatsache, dass er, der nicht hatte, wohin er sein Haupt legen konnte,doch erlaubte, dass seine Jünger einen Geldbeutel mit sich führen. Die Verhältnisse erforderten aber jetzt nicht, das gute Werk1 zu verbessern, sondern nur, es anzunehmen. Hätte man ihn gefragt, ehe das Weib es getan hatte, so würde er vielleicht nicht so geurteilt haben; aber nachdem sie es getan hatte, so hat er nur eines im Auge, dass sie nicht durch den Tadel der Jünger beschämt würde, sondern dass sie durch sein Wohlwollen ermutigt im Guten fortschreite. Nachdem einmal das Öl ausgegossen war, war der Tadel der Jünger nicht mehr am Platze.

Wenn also du siehst, dass jemand heilige Geräte anschafft und darbringt, oder sonst etwas zum Schmuck der Wände oder des Bodens in der Kirche spendet, sage nicht, das Gespendete solle verkauft oder zerstört werden, damit du nicht den guten Willen des Spenders lähmest. Fragt aber jemand vorher, dann lege ihm nahe, es den Armen zu geben. Auch der Herr handelt so, um nicht die Absicht des Weibes zu verletzen und spricht nur Worte, die geeignet sind, ihr Mut zu machen. Und wenn er darauf sagte: „Sie hat es zu meinem Begräbnis getan“, so hätte die Erwähnung dieses Umstandes, nämlich seines Todes und Begräbnisses, das S. d1144 Weib bestürzen können; aber siehe, wie er sie wieder durch das Folgende aufrichtet und spricht: „In der ganzen Welt wird verkündet werden, was sie getan hat.“ In diesen Worten lag aber auch ein Trost für seine Jünger und dazu eine Aufmunterung und Belobung des Weibes. Alle, will der Herr sagen, werden sie in der Folgezeit preisen; jetzt aber hat sie mein Leiden angekündigt, indem sie die Erfordernisse zur Leichenbesorgung brachte. Es soll sie niemand deshalb tadeln. Ich selbst bin so weit entfernt, sie darob zu verdammen, als hätte sie etwas Böses getan, oder sie zu schelten, als hätte sie verkehrt gehandelt, dass ich vielmehr die Tat nicht verborgen lassen werde; die ganze Welt soll vielmehr erfahren, was sie in einem Hause und in der Stille getan hat. Ihre Tat verriet ja auch eine fromme Gesinnung, einen lebendigen Glauben und ein zerknirschtes Gemüt. Warum aber verhieß er dem Weibe keinen geistigen Lohn, sondern das inmmerwährende Andenken an ihre Tat? Er suchte sie durch das eine zum Vertrauen auf das andere zu führen. Denn wenn sie ein gutes Werk getan hatte, so war es klar, dass sie auch einen gebührenden Lohn dafür empfangen würde.

V.14: „Zu der Zeit ging einer von den Zwölfen, welcher genannt wird Judas Iskariot, zu den Hohenpriestern

V.15: und sprach: Was wollt ihr mir geben, und ich werde ihn euch überliefern?“

Zu welcher Zeit war das? Als der Herr die erwähnten Worte gesprochen, als er gesagt hatte: „zu meinem Begräbnisse“. Aber auch das hatte ihn nicht erschüttert oder mit Furcht erfüllt, dass das Evangelium überall werde gepredigt werden; diese Tatsache zeugte doch von einer unbeschreiblichen Macht2 . Weiber, Buhlerinnen erwiesen dem Herrn eine so große Ehre, und er begeht nur zur selben Stunde eine teufliche Tat! Weshalb erwähnen denn die Evangelisten auch des Judas Zunamen? Weil es noch einen anderen Judas gab. Sie nehmen aber keinen Anstand, zu berichten, dass er zu den Zwölfen gehörte; so wenig verhehlen sie, was schmachvoll für sie schien. Sie hätten einfach sagen können, er sei ein Jünger gewesen; Jünger waren ja auch S. d1145 andere. Nichtsdestoweniger fügen sie hinzu: „einer von den Zwölfen“3 , sozusagen einer aus der zuerst und vor allen anderen auserlesenen Schar, ein Genosse des Petrus und Johannes. Sie waren eben nur darauf bedacht, die Wahrheit zu berichten, nicht aber, was geschehen war, zu verschweigen. Daher übergehen sie zwar viele Wunder; wo es sich dagegen um etwas offenbar Schimpfliches handelte, da verheimlichen sie es nicht, sondern berichten es ungescheut, mag es nun eine Rede, eine Handlung oder sonst etwas sein.


  1. des Weibes ↩

  2. Christi ↩

  3. Joh 6,72 ↩

pattern
  Drucken   Fehler melden
  • Text anzeigen
  • Bibliographische Angabe
  • Scans dieser Version
Download
  • docxDOCX (1.04 MB)
  • epubEPUB (1.01 MB)
  • pdfPDF (3.23 MB)
  • rtfRTF (3.18 MB)
Übersetzungen dieses Werks
Commentaire sur l'Evangile selon Saint Matthieu vergleichen
Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)

Inhaltsangabe

Theologische Fakultät, Patristik und Geschichte der alten Kirche
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Impressum
Datenschutzerklärung