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Werke Tertullian (160-220) Adversus Marcionem Die fünf Bücher gegen Marcion. (BKV)
Drittes Buch

18. Cap. Über den Kreuzestod Christi. Ob derselbe im alten Testament vorher verkündet und durch Vorbilder angezeigt worden sei?

S. 240 Aus seiner Todesart allerdings versucht Ihr, wie ich meine, eine Verschiedenheit herzuleiten, indem Ihr leugnet, dass für den Christus des Demiurgen das Leiden am Kreuze vorher verkündet sei, und ausserdem noch ausklügelt, es sei unglaublich, dass der Demiurg seinen Sohn einer Todesart aussetzte, die er selber verflucht habe. „Verflucht sei'“, heisse es, „jeder, der am Holze hängt.“1 Doch ich verschiebe es noch, die eigentliche Bedeutung dieses Fluches anzugeben,2 der bloss als Ankündigung des Kreuzes, um die es sich jetzt vorzugsweise handelt, eine würdige Stelle behauptet; denn auch sonst geht ja der Nachweis der Thatsachen wohl der Begründung derselben voran. Ich will mich vorerst über die betreffenden Vorbilder aussprechen. Und da bedurfte denn jedenfalls gerade dieses heilige Geheimnis bei seiner Ankündigung vorzugsweise der Vorbilder. Je unglaublicher es ist, desto mehr würde es zum Ärgernis gereicht haben, wenn die Ankündigung desselben nur mit dürren Worten geschehen wäre; je erhabener es ist, desto mehr musste es verhüllt werden, damit die Schwierigkeit des Verständnisses uns antreibe, nach der Gnade Gottes zu suchen.

So hat denn also vor allem Isaak, als er, von seinem Vater zur Opfergabe hingegeben, das Holz für sich selber trug, schon damals die Todesart Christi angezeigt, der auch von seinem Vater zum Schlachtopfer hingegeben wurde und das Holz seines Leidens schleppte. Auch Joseph bildet Christum vor, nicht bloss darin, dass er — ich will mich nicht lange aufhalten — von seinen Brüdern wegen der Gnade bei Gott Verfolgung zu leiden hatte, wie Christus von den Juden, seinen Brüdern dem Fleische nach, sondern auch darin, dass er von seinem Vater den Segen mit den Worten erhielt: „Seine Schönheit ist die eines Stieres, Hörner des Einhorns sind seine Hörner, mit ihnen wird er schleudern die Völker bis zum Ende der Erde.“3 In diesen Worten wurde gewiss kein einhörniges Rhinoceros und kein zweihörniger Minotaurus in Aussicht gestellt, sondern Christus wurde damit bezeichnet, der ein Stier ist wegen seines doppelten Verhaltens, für die einen streng als Richter, für die andern milde als Erlöser, dessen Hörner die beiden Enden des Kreuzes sein sollten. Denn auch an dem Querbalken, der die eine Hälfte des Kreuzes bildet, werden die Enden Hörner genannt, Einhorn aber der Mittelpfahl des Gerüstes. Durch diese Kraft des Kreuzes und in dieser Weise gehörnt, schleudert er jetzt denn auch alle Völker, indem er sie durch den Glauben von der Erde zum Himmel sendet, und später wird er sie worfeln im Gerichte, indem er sie vom Himmel zur Erde herabstürzt.

Auch anderwärts in demselben Buche der hl. Schrift wird er der Stier sein, nämlich da, wo Jakob im Geiste gegen Simon und Levi S. 241 spricht4 d. h. gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer — von diesen nämlich schreibt sich jene Klasse von Menschen her. Simon und Levi trieben ihre Ruchlosigkeit auf die Spitze infolge ihrer Häresie, womit sie nämlich Christum verfolgten. „In ihre Versammlung soll meine Seele nicht kommen und auf ihrem Lagerplatz sollen meine Hüften nicht liegen, weil sie in ihrem Grolle Menschen töteten“,5 d. i. die Propheten, und „in ihrem Mutwillen dem Stiere die Sehnen zerschnitten“,6 d. i. Christo, den sie nach der Ermordung der Propheten töteten, sie wüteten nämlich gegen ihn, indem sie seine Sehnen mit den Nägeln anhefteten. Sonst wäre es ein Unsinn, wenn ihnen nach der Ermordung von Menschen das Abschlachten eines Ochsen zum Vorwurf gemacht würde.

Ferner, warum hat denn Moses bloss damals, während Jesus gegen Amalek kämpfte, mit ausgebreiteten Händen dasitzend gebetet, während er bei so beängstigender Sachlage vielmehr hätte auf den Knieen liegen, mit den Händen an seine Brust schlagen, sein Antlitz in den Staub drücken und so sein Gebet hätte eindringlicher machen sollen? Offenbar nur aus dem Grunde, weil da, wo der Name des Herrn selbst kämpfte, der einst gegen den Teufel streiten wollte, auch die Haltung in Kreuzesform nötig war, durch welche einst Jesus den Sieg davon tragen sollte. Derselbe Moses hat Nachbildungen aller Art untersagt, warum hat er denn aber selbst die eherne Schlange am Kreuze in hängender Haltung zum heilsamen Anblick aufgestellt? Hat er etwa, auch dabei die Wirkung des Kreuzes des Herrn im Auge gehabt, woran die teuflische Schlange an den Pranger gestellt wurde, und wodurch jedem, der von den geistigen Schlangen verwundet ist, wenn er gläubig nach demselben schaut, Genesung von der Bisswunde der Sünde und infolge davon das Heil verheissen wird?


  1. V. Mos. 21, 23. ↩

  2. Ist aber, wie mir scheint, nachher in Vergessenheit gekommen. ↩

  3. V. Mos. 33, 17. ↩

  4. I. Mos. 49, 5. Tertullian sagt bald interpreto, bald interpretor als Deponens. ↩

  5. Die Einwohner von Sichem. I. Mos. 35, 25. ↩

  6. I. Mos. 49, 6. So nach dem Hebr. und der LXX, die Vulgata hat murum. Stier steht, sinnbildlich für die junge Mannschaft. ↩

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