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Werke Vinzenz von Lérins (445) Commonitorium Commonitorium (BKV)

26. Darin ahmen die Häretiker das Verfahren des Satans bei der Versuchung Jesu nach.

Aber, wird einer sagen, wie läßt sich beweisen, daß der Teufel sich auf Stellen der Heiligen Schrift zu berufen pflegt? Er lese die Evangelien nach, in denen geschrieben steht: Dann nahm der Teufel ihn, d. h. den Herrn und Heiland, stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürze dich hinab; denn es steht geschrieben: Er hat seinen Engeln deinetwegen befohlen, dich zu behüten auf allen deinen Wegen; sie werden dich auf den Händen tragen, damit du nicht etwa mit deinem Fuß an einen Stein stoßest1 . Was wird der den armen Menschen tun, der selbst auf den Herrn der Herrlichkeit2 mit Schriftzeugnissen losging? Wenn, sagte er, du der Sohn Gottes bist, stürze dich hinab; warum? Denn es steht geschrieben, sagte er. Gar sehr müssen wir auf die sich aus dieser Stelle ergebende Lehre achten und sie uns einprägen, damit wir, wenn wir heute apostolische oder prophetische Worte gegen den katholischen Glauben vorbringen sehen, aus jenem so wichtigen Beispiele evangelischer Autorität klar erkennen, daß der Teufel durch sie spricht. Denn wie damals das Haupt zum Haupte, so sprechen auch jetzt die Glieder zu den Gliedern, nämlich die Glieder des Teufels zu den Gliedern Christi, Treulose zu Treuen, Gotteslästerer zu Gottesfürchtigen, Häretiker zu Katholiken. Aber was sagen sie denn? Wenn du, heißt es, der Sohn Gottes bist, so stürze dich hinab. Das heißt: Wenn du Sohn Gottes sein und die Erbschaft des Himmels erhalten willst, so stürze dich hinab, nämlich von der Lehre und Überlieferung jener hohen Kirche, welche auch für den Tempel Gottes gehalten wird, stürze dich hinunter. S. 215Und wenn jemand einen Häretiker, der ihm solches zuredet, fragen sollte: Womit beweisest, womit zeigst du, daß ich den allgemeinen und alten Glauben der katholischen Kirche verlassen soll? so antwortet er flugs: Denn es steht geschrieben. Und dann hat er tausend Zeugnisse, tausend Beispiele, tausend Belegstellen aus dem Gesetz, den Psalmen, den Aposteln und Propheten bereit, durch deren neue und falsche Auslegung die unglückliche Seele von der katholischen Burg herab in den Abgrund der Hölle gestürzt wird.

Ferner pflegen die Häretiker auf wunderliche Weise unvorsichtige Menschen durch Versprechungen folgender Art zu täuschen. Sie wagen nämlich zu versprechen und zu lehren, daß es in ihrer Kirche, d. h. im Kreise ihrer Gemeinschaft, eine große, besondere und ganz persönliche Gnade Gottes gebe derart, daß alle jene, die zu ihrer Zahl gehören, ohne irgendwelche Anstrengung, ohne irgendeine Mühe und Selbsttätigkeit, auch wenn sie nicht bitten, nicht suchen, nicht anklopfen, doch von Gott so geleitet werden, daß sie, von Engelshänden getragen, d. h. durch Engelsschutz bewahrt, niemals mit ihrem Fuß an einen Stein anstoßen, d. h. niemals zum Bösen verführt werden können3 .


  1. Matth. 4, 5 f. ↩

  2. 1 Kor. 2, 8. ↩

  3. Mit diesem Satze wendet sich der Verfasser gegen die Prädestinationslehre des hl. Augustinus und auch gegen die katholische Lehre von der Gnade der Beharrlichkeit, die er fälschlich so versteht, als wenn sie alle menschliche Mitwirkung ausschlösse; er zeigt sich also hier als Semipelagianer ↩

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Commonitorium (BKV)

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