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Werke Hieronymus (347-420) Dialogi contra Pelagianos libri III Dialog gegen die Pelagianer (BKV)
I. Buch

26.

Du schreibst ferner: „Der Diener Gottes darf niemals bittere, sondern immer nur sanfte und milde Worte in seinem Munde führen“. Gleich als ob nun der Diener Gottes vom Lehrer und Priester der Kirche verschieden sei, schreibst du an anderer Stelle, uneingedenk des oben angeführten Satzes: „Der Priester und Lehrer hat die Handlungen aller zu beobachten und die Sünder strenge zu tadeln, damit nicht er für sie Rechenschaft ablegen muß und ihr Blut von seinen Händen gefordert wird“. Doch mit dieser einmaligen Forderung begnügst du dich nicht, sondern wiederholst das Gesagte, um es einzuschärfen. Du sagst nämlich: „Der Priester und Lehrer darf niemandem schmeicheln, sondern muß mutig alle tadeln, damit er nicht sich und seine Zuhörer zugrunde richte“. Kann sich in einem Werke eine solche Disharmonie finden, daß du zuletzt nicht mehr weißt, was du vorher geschrieben hast? Denn wenn aus dem Munde eines Dieners Gottes nichts Bitteres hervorgehen darf, sondern nur, was sanft und milde ist, dann sind Priester und Lehrer keine Diener Gottes, da sie doch die Sünder in Strenge zurechtweisen, keinem schmeicheln, und kühnlich alle tadeln sollen. Wenn aber Priester und Lehrer nicht bloß Diener Gottes sind, sondern unter diesen eine hervorragende Stelle einnehmen, dann hast du umsonst den Dienern Gottes die Schmeichelworte und S. 379 süßen Redensarten vorbehalten, die doch eigentlich Sache der Häretiker sind und jener, die ihre Zuhörer täuschen wollen nach dem Apostelworte: „Solche Menschen dienen nicht unserem Herrn Jesu Christo, sondern ihrem Bauche. Mit süßen Reden und Schmeicheleien verführen sie die Herzen der Arglosen“1. Die Schmeichelei ist immer hinterhältig, durchtrieben und verführerisch. Treffend wird daher der Schmeichler von den Philosophen ein schön tuender Feind genannt2. Die Wahrheit ist bitter, mit runzeligem und mürrischem Gesichte tritt sie auf und stößt bei den Getadelten an. Darum sagt der Apostel: „Bin ich euch zum Feinde geworden, da ich die Wahrheit zu euch spreche?“3 Und der Komödiendichter spricht: „Nachgiebigkeit macht Freunde, Wahrheit gebiert Haß“4. Deshalb essen wir auch das Paschamahl zusammen mit bitteren Kräutern, und das Gefäß der Auserwählung belehrt uns, daß es zu feiern sei in Wahrheit und Aufrichtigkeit5. Laßt Wahrheit und Aufrichtigkeit in uns wohnen, und die Bitterkeit wird alsbald folgen!


  1. Röm. 16, 18. ↩

  2. Aristoteles, Ethica Nicomachea 1107a, 27 ff. ↩

  3. Gal. 4, 16. ↩

  4. Terenz, Andria 68. ↩

  5. 1 Kor. 5, 8. ↩

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