Fünfter Artikel. Das Beratschlagen geht vom Zusammengesetzten, also von den Wirkungen, aus; und mündet in die einfachen Ursachen; nicht umgekehrt; — es ist da ein ordo resolutorius und nicht compositivus.
a) Dem steht Folgendes gegenüber: I. Das Beratschlagen hat zum Gegenstande das, was durch uns geschieht. Unsere Thätigkeiten aber gehen aus von den einfacheren Elementen und enden im mehr Zusammengesetzten. Also darf das Beratschlagen nicht die gegenteilige Ordnung befolgen. II. Das Beratschlagen ist ein Untersuchen, was von der Vernunft ausgeht. Die Vernunft aber geht nach der zukömmlicheren Weise von dem zuerst Bestehenden aus und erschließt daraus das Nachfolgende. Also muß auch das Beratschlagen ausgehen von dem, was gegenwärtig ist oder vergangen, um zum Zukünftigen zu gelangen. III. Der Ratschlag betrifft bloß das, was uns zu thun möglich ist, wie Aristoteles sagt. (3 Ethic. 3.) Ob uns aber etwas möglich ist, wird aus dem erschlossen, was wir gegenwärtig thun oder nicht thun können, damit wir zum Gewollten gelangen. Also müssen wir beim Untersuchen, was der Ratschlag erheischt, anfangen von dem, was gegenwärtig vorliegt. Auf der anderen Seite sagt Aristoteles (l. c.): „Jener, welcher beratschlagt, sucht nach und geht vom Zusammengesetzten zum Einfacheren, von den Wirkungen zu den Ursachen (ordine resolutorio) über.“
b) Ich antworte, in allem Untersuchen müsse man von einem Princip aus beginnen. Wenn dieses nun, wie es an der Spitze steht im Denkprocesse, so auch den Anfang macht im wirklichen Sein der Dinge, so ist dies ein processus compositivus, der vom Einfacheren zum Zusammengesetzten, von der Ursache zu den Wirkungen, vom Vermögen zur Wirklichkeit übergeht. Wenn aber was im Denkprozesse Princip ist, also an der Spitze steht, im wirklichen Sein am Ende kommt, so ist dies einresolutorius, der von dem Gewirkten ausgeht und es in seine, natürlich einfacheren, Ursachen auflöst. Nun ist im Bereiche des Beratschlagens Princip, steht also an der Spitze: der Zweck; welcher vorher in der Absicht besteht und nachher in der Wirklichkeit. Also muß das entsprechende Untersuchen beginnen von dem, was als zukünftige Wirkung beabsichtigt wird und muß enden mit dem, was gegenwärtig, sogleich gethan werden soll.
c) I. Das Beratschlagen geht auf das Thätigsein. Der Grund des Thätigseins aber wird dem Zwecke entnommen. Also ist die Ordnung des Untersuchens über das, was geschehen soll, entgegen der Ordnung im Thätigsein selber. II. Die Vernunft fängt mit dem an, was früher ist gemäß der vernünftigen Auffassung; nicht aber immer mit dem, was der Zeit nach früher ist. III. Was um des Zweckes willen geschehen soll, würde nicht dazu veranlassen, untersuchen zu wollen, um zu wissen ob es möglich sei, wenn es nicht als dem Zwecke entsprechend erkannt würde. Also vorher muß man untersuchen, ob es dem Zwecke entspricht; und dann erst, ob es möglich ist.
