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Hierauf läuft Celsus, ich weiß nicht wie, an dem wichtigsten Zeugnis für die Entstehung Jesu, seine Vorausverkündigung durch die jüdischen Propheten, durch Moses und die heiligen Männer, die vor und nach diesem gelebt haben, absichtlich vorbei. Vielleicht tat er es deshalb, weil er auf den Hinweis nichts zu sagen wußte, dass weder die Juden noch irgendeine Sekte es leugnet, dass der Messias1 vorausverkündigt worden sei. Doch vielleicht kannte er die Weissagungen gar nicht einmal, die von Jesus handeln. Denn wenn ihm bekannt gewesen wäre2, dass die Christen behaupten, viele Propheten hätten die Ankunft des Erlösers vorausgesagt, so hätte er die Person des Juden nicht Worte sprechen lassen, die sich für einen Samariter oder Sadduzäer besser schickten; sein Jude, den er redend auftreten läßt, würde dann nicht sprechen: „Aber es sagte mein Prophet einmal in S. 68 Jerusalem, dass ein Sohn Gottes kommen werde, die Frommen zu richten und die Ungerechten zu bestrafen“ Denn es ist nicht ein einziger Prophet nur, der von Christus geweissagt hat. Und wenn die Samariter oder die Sadduzäer, die nur die Bücher des Moses gelten lassen, behaupten, dass jene Bücher Weissagungen auf den Messias enthalten, so sind diese Weissagungen jedenfalls nicht „in Jerusalem“ gegeben worden, da man von dieser Stadt in den Tagen des Moses noch nichts wußte. Möchte es also doch der Fall sein, dass alle Gegner und Bekämpfer des Christentums sich in so großer Unwissenheit wie Celsus befänden, nicht bloß über die Tatsachen, sondern auch über die einfachen Angaben der Schrift, und dass sie unseren Glauben in einer Weise angriffen, dass ihre Worte nicht die geringste Überredungskraft besäßen, und dass sie nicht imstande wären, die Unbeständigen und nur „für den Augenblick“ Glaubenden3 zwar nicht vom Glauben, aber von ihrem "geringen Glauben"4 abzubringen. Ein Jude aber würde wohl gar nicht zugeben, dass „irgendein Prophet gesagt habe, ein Sohn Gottes werde kommen“; denn was sie sagen, lautet: „der Christus (= der Gesalbte) Gottes werde kommen“. Und gar oft stellen sie an uns geradezu die Frage nach dem Sohne Gottes, als ob es einen solchen gar nicht gäbe und niemand von ihm geweissagt hätte. Wir wollen das nicht behaupten, dass „ein Sohn Gottes“ nicht geweissagt worden sei5, sondern nur, dass Celsus der Person des Juden, der so etwas nicht zugibt, höchst ungeschickt die Worte in den Mund gelegt hat: „Es sagte mein Prophet einmal in Jerusalem, dass ein Sohn Gottes kommen werde“