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Works John Chrysostom (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Sechzehnte Homilie. Kap V. V.17-26.

10.

Auch der hl. Paulus drängt deshalb unter einem anderen Bilde auf unsere Versöhnung. Er sagt: "Die Sonne soll nicht untergehen über eurem Zorne"1 . Wie Christus hier durch das Opfer, so drängt uns dort Paulus durch die Dauer des Tages zum gleichen Ziele. Er fürchtete eben, wenn die Nacht den Beleidigten allein findet, werde sie die Wunde noch größer machen. Bei Tag wird man ja durch vieles zerstreut und abgelenkt; nachts dagegen, wenn man mit seinen Gedanken allein ist, steigen die Wogen und wird der Sturmwind stärker. Das suchte also der hl. Paulus zu verhindern. Deshalb will er, dass man bei Einbruch der Nacht sich versöhnt habe, damit die Ruhe und Stille dem Teufel keine Gelegenheit biete, das Feuer des Zornes noch mehr anzuschüren und es noch höher lodern zu lassen. Ebenso erlaubt auch Christus keinem, die Versöhnung aufzuschieben und wäre es auch nur auf kurze Zeit, damit ein solcher nicht etwa nach vollbrachtem Opfer zu gleichgültig werde und die Sache von einem Tag zum S. 296anderen verschiebe. Er wusste eben, dass man bei dieser Krankheit sehr rasch handeln müsse. Und wie ein weiser Arzt nicht bloß Vorbeugungsmittel gegen die Krankheit anwendet, sondern auch eigentliche Heilmittel, so macht es auch er.

Das Verbot, jemand einen Toren zu nennen ist ein Vorbeugungsmittel gegen Feindschaft; der Befehl, sich wieder zu versöhnen, heilt die Krankheiten, die infolge der Feindschaft entstanden sind. Beachte auch, mit welchem Nachdruck er beides betont. Früher hat er mit der Hölle gedroht; hier will er die Gabe nicht vor der Versöhnung annehmen. Ja er zeigt dabei so starken Unwillen, dass er auf diese Weise Wurzel und2 Frucht zugleich ausreißt. Vorher sagt er: Zürne nicht, nachher: beleidige nicht. Jedes von beiden gewinnt eben durch das andere an Stärke; die Beleidigung durch die Feindschaft, und die Feindschaft durch die Beleidigung. Darum gibt er das eine Mal ein Heilmittel für die Wurzel, das andere Mal eines für die Frucht. Er will dadurch von Anfang an verhindern, dass das Böse Wurzel fasse; wenn es aber doch schon aufgegangen und seine schlechte Frucht getragen, es vollständig und gründlich ausbrennen. Aus diesem Grunde also sprach er vom Gericht, vom hohen Rate, von der Hölle, von dem Opfer, das man ihm darbringen will, und fügte dann auch noch anderes hinzu mir den Worten:

V.25: "Sei versöhnlich gegen deinen Widersacher und zwar schnell, solange du noch mit ihm unterwegs bist."

Der Herr will nicht, dass du einwendest: Wie aber, wenn mir Unrecht geschieht; wie, wenn ich beraubt und vor Gericht geschleppt werde? Darum begegnete er auch diesem Einwand und dieser Ausrede schon zum voraus. Er befahl nämlich, auch in solchem Falle keine Feindschaft zu hegen. Da es sich sodann um ein wichtiges Gebot handelte, so sucht er seine Ermahnung noch durch den Hinweis auf zeitliche Vorteile zu stützen, für die ja härtere Gemüter meist eher zugänglich sind, als für künftigen Lohn. Was sagst du doch, ist der Sinn seiner Worte, der andere sei mächtiger und tue dir Unrecht? Nun, dann wird er dir noch viel mehr Schaden S. 297zufügen, wenn du dich nicht mit ihm versöhnst, und er wird dich zwingen, vor Gericht zu erscheinen. Im einen Falle, wenn du auf dein Geld verzichtest, wirst du wenigstens deine persönliche Freiheit bewahren; hat dich aber einmal der Richter verurteilt, so wirst du gefesselt und äußerst schwer bestraft werden. Vermeidest du hingegen einen solchen Prozeß, so wirst du einen zweifachen Nutzen davon haben: du wirst nichts Entehrendes ertragen müssen, und die ganze Sache wird dein Verdienst sein und nicht eine Folge der Gewalttätigkeit des anderen. Willst du hingegen den Worten des Herrn nicht gehorchen, so wirst du damit deinem Gegner lange nicht so viel schaden, als dir selbst.

Beachte hier außerdem, wie eindringlich er dem Beleidigten zuredet. Zu den Worten: "Sei versöhnlich gegen deinen Gegner", fügte er hinzu: "schnell"; und auch das genügte ihm noch nicht, sondern er sucht auch die Schnelligkeit noch zu erhöhen, indem er sagt: "Solange du noch mit ihm unterwegs bist." Er will ihn dadurch mit allem Nachdruck drängen und treiben. Nichts verdirbt uns ja das Leben so sehr, als zögern und aufschieben, wo wir Gutes tun sollten. Das ist auch oft die Ursache unseres vollständigen Ruins geworden. So sagt also auch der hl. Paulus: "Bevor die Sonne untergeht, mach der Feindschaft ein Ende"3 ; und oben mahnte der Herr selbst: "Bevor du dein Opfer vollendest, werde versöhnt." Ebenso sagt er hier: 'Schnell, solange du noch mit ihm unterwegs bist", noch bevor du zur Türe des Gerichtssaales kommst, bevor du zum Richterstuhle hintrittst und fortan der Macht des Richters unterworfen bist. Bevor du hineingehst, liegt alles noch in deiner Hand; hast du aber einmal die Türschwellen überschritten, dann kannst du deine eigene Sache nicht mehr nach deinem Willen entscheiden, auch wenn du dich noch so sehr beeilst, da du bereits der Macht eines anderen unterstehst. Was bedeutet aber das: versöhnlich sein? Entweder heißt das, du sollst dir das Unrecht lieber gefallen lassen, oder du sollst so urteilen, als ob du an der Stelle S. 298des anderen wärest, damit du nicht aus Eigenliebe die Gerechtigkeit verletzest; du sollst die Angelegenheit des anderen wie deine eigene behandeln und so dein Urteil fällen. Wenn das aber etwas Großes und Schweres ist, so wundere dich darüber nicht. Aus diesem Grunde hat ja Christus all jene Seligpreisungen vorgebracht, um eben die Seele des Zuhörers vorzubereiten und empfänglich zu machen, damit er nachher mit um so größerer Bereitwilligkeit dieses ganze Gesetz annehme.


  1. Eph 4,26 ↩

  2. schlechte ↩

  3. Eph 4,26 ↩

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