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Works John Chrysostom (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Siebzehnte Homilie. Kap. V, V.27-37

2.

Weshalb hat aber dann der Herr nicht auch hier einen Unterschied gemacht? Wenn du genau zusiehst, wirst du auch hier eine sehr wichtige Unterscheidung vermerken. Er sagte nämlich nicht einfachhin: Jeder, der begehrt; denn die Begierde kann auch einer empfinden, der einsam auf einem Berge sitzt; vielmehr heißt es;„Wer immer1 ansieht, um sie zu begehren.“Das heißt, wer selbst die Begierde anfacht, wer, ohne von jemand genötigt zu sein, das wilde Tier in die stille Behausung der Seele einlässt. Das ist eben nicht mehr Ausfluss der Natur, sondern die Schuld des eigenen Leichtsinnes. Auch das alte Gesetz hat diese Leidenschaft geregelt, indem es gebot: „Schenk fremder Schönheit keine Beachtung“2 . Da soll nur niemand einwenden: Wie aber, wenn ich einer nachsehe, ohne mich von ihr erfassen zu lassen? Gerade deshalb bestraft der Herr schon den unkeuschen Blick, damit keiner auf solch3 Sicherheit vertraue und dann in Sünde falle. S. 305Aber wie, sagst du wieder, wenn ich sie ansehe und auch nach ihr verlange, dagegen nichts Böses tue? Du wirst trotzdem als Ehebrecher behandelt werden. Der Gesetzgeber hat es einmal verboten, und man soll nicht weiter daran herumdeuteln. Wenn du in solcher Absicht eine Frau ein,zweiund dreimal ansiehst, so kannst du dich wohl leicht noch beherrschen; tust du es aber anhaltend und zündest damit das Feuer der Lust an, so wirst du vollständig von ihm erfasst werden; du bist ja doch nicht über die menschliche Natur erhaben. Wenn wir ein Kind mit einem Schwert in der Hand sehen, so strafen wir es, auch wenn es sich nicht damit verwundet hat, und verbieten ihm, es nochmals anzurühren. Geradeso verbietet auch Gott den unzüchtigen Blick schon vor der bösen Tat, damit du nicht wirklich auch eine Tatsünde begehest. Wer das Feuer einmal entzündet hat, macht sich auch dann, wenn das Weib nicht da ist, das er lüstern angesehen hat, bei sich selbst fortwährend die Vorstellung unkeuscher Handlungen, und geht von diesen oft auch zur bösen Tat selbst über. Deshalb untersagt Christus auch schon den Ehebruch, der nur im Herzen sich vollzieht, Was werden da wohl diejenigen sagen, die gottgeweihte Jungfrauen in ihrem Hause halten? Nach dem Wortlaut des Gesetzes wären sie wohl zahlloser Ehebrüche schuldig, wenn sie dieselben jeden Tag mit Begierlichkeit ansehen. Auch der selige Job hat sich darum dies von Anfang an zum Grundsatze gemacht, und sich jeden derartigen Blick, wie immer es sei, versagt4 . Wenn man nämlich ein Weib angesehen und die Begehrte nicht besitzen kann, so ist der Kampf nur um so größer. Ja die Lust, die der Anblick selber verursacht, ist nicht so groß als der Schaden, den wir uns durch die Stärkung dieser Leidenschaft zuziehen. Wir erhöhen ja dadurch nur die Macht unseres Widersachers, räumen dem Teufel größeren Spielraum ein, und werden nicht mehr imstande sein ihn zu vertreiben, nachdem wir ihn einmal in das Innerste unseres Herzens eingeführt und ihm unsere Seele eröffnet haben.

S. 306Aus diesem Grunde sagte er also: Brich die Ehe nicht mit den Augen, so wirst du sie auch nicht im Herzen brechen. Man kann ja ein Weib auch noch anders ansehen, nämlich so wie die Schamhaften es tun. Darum verbietet auch der Herr nicht den Anblick an sich, sondern nur den, der aus Begierlichkeit geschieht. Wäre nicht das seine Absicht gewesen, so hätte er einfach gesagt: Wer ein Weib ansieht; tatsächlich hat er aber nicht so gesagt, sondern: Wer sie ansieht, um die böse Gier zu wecken, wer sie ansieht, um seine Augenlust5 zu befriedigen. Der liebe Gott hat dir eben die Augen nicht dazu gegeben, damit sie dir als Brücke zum Ehebruch dienen, sondern damit du beim Anblick seiner Geschöpfe den Schöpfer bewunderst. Wie man nun erlaubterweise zürnen kann, so kann man auch erlaubterweise jemand ansehen, auch wenn man es der Begierlichkeit wegen tut. Willst du nämlich deiner Augenlust genügen, so sieh deine eigene Frau an, und bring ihr immerwährende Liebe entgehen. Das verbietet kein Gesetz. Willst du dich aber unbefugterweise an der Schönheit fremder Frauen ergötzen, so tust du sowohl deiner eigenen Frau Unrecht, indem du deine Blicke anderswo herumschweifen lässest, als auch der anderen, die du ansiehst, weil du dich durch sie unrechtmäßigerweise bestricken lässest. Denn wenn du sie auch nicht mit der Hand berührt hast, du hast sie wenigstens mit den Augen berührt. Darum wird auch dies als Ehebruch betrachtet, und du musst dafür nicht wenig büßen, noch bevor dich die Strafe im Jenseits trifft. Dein ganzes Inneres wird nämlich dadurch aufgewühlt und durcheinander gebracht, ein gewaltiger Sturm wird entfesselt, ein überaus heftiger Schmerz macht sich fühlbar, und in diesem Zustande der Leidenschaft bist du nicht besser daran als diejenigen, die gefangen und gefesselt sind. Außerdem entschwindet diejenige, die den Pfeil abgeschossen hat gar oft wieder dem Blick, die erhaltene Wunde bleibt aber trotzdem. Eigentlich hat aber nicht sie den Pfeil entsandt, sondern du hast dir selbst durch einen unzüchtigen Blick die Todeswunde beigebracht.

S. 307Dies sage ich auch, um die Schamhaften unter den Frauen vor ungerechter Anklage zu bewahren. Also nur wer sich selber schminkt und schmückt, um die Augen aller derer auf sich zu ziehen, die ihr begegnen, nur die wird die schwerste Strafe sich zuziehen, wenn sie auch keinen bei der Begegnung verführt hat. Sie hat ja doch den Trank gemischt und das Gift bereitet, wenn sie auch den Becher niemand reichte; oder besser gesagt, sie hat auch den Becher hingereicht, wiewohl niemand sich fand, der davon trinken wollte. Wie aber, fragst du, gelten die Worte des Herrn nicht auch den Frauen? Christus stellt seine Satzungen immer für alle auf, auch wo er sie nur für die Männer zu geben scheint. Wenn er nämlich das Haupt anspricht, so gilt seine Rede dem ganzen Leib. Er betrachtet eben Mann und Frau nur wie eine Person, und macht darum nie einen Unterschied zwischen den Geschlechtern.


  1. ein Weib ↩

  2. Eccl 9,8 ↩

  3. falsche ↩

  4. Ijob 31, 9 ↩

  5. hier in dem Sinne einer Lust, die durch die Augen vermittelt wird ↩

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