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Works John Chrysostom (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Zweiundsiebzigste Homilie Kap.23, Kap.XXIII,V.1-13.

1.

S. d1031

V.1: „Damals redete Jesus zu den Scharen und zu seinen Jüngern,

V.2: und sprach: Auf den Stuhl Moses' haben sich gesetzt die Schriftgelehrten und die Pharisäer.

V.3: Alles nun, was sie immer euch sagen, haltet und tuet; nach ihren Werken aber, handelt nicht.“

Wann „damals“? Als der Herr die vorausgegangenen Worte gesprochen, als er die Pharisäer zum Schweigen gebracht und sie gezwungen hatte, von ferneren Versuchungen abzustehen, als er dargetan hatte, dass sie unverbesserlich waren. Und nachdem er von dem einen und dem anderen Herrn1 gesprochen hatte, kehrt er jetzt wieder zum Gesetze zurück. Allein, entgegnest du, das Gesetz sagt nichts dergleichen, sondern bloß: „Der Herr, dein Gott, ist ein einiger Herr“2 . Allein die Hl. Schrift begreift unter dem Gesetze das ganze Alte Testament. In seinen Worten will also der Herr zum Ausdruck bringen, dass er in allen Stücken mit dem Vater völlig übereinstimmt. Wäre er gegen ihn gewesen, so würde er über das Gesetz ganz anders gesprochen haben. So aber verlangt er für dasselbe eine solche Ehrfurcht, dass man es selbst dann beobachten muss, wenn die Gesetzeslehrer schlecht sind. Hier spricht er aber auch über das Leben und Treiben3 ; denn gerade der verderbte Lebenswandel und der Ehrgeiz der Schriftgelehrten war hauptsächlich daran schuld, dass die Juden so ungläubig waren. Um nun seine Zuhörer in richtiger Weise zu belehren, gibt er an erster Stelle die vornehmlich zum Heile notwendige Weisung, nämlich die Lehrer S. d1032 nicht zu verachten und sich gegen die Priester nicht aufzulehnen. Was er anordnet, beobachtet er aber auch selbst. Obgleich die Gesetzeslehrer verderbt waren, verweigert er ihnen doch nicht die Ehre. Freilich ihre Verantwortung wird dadurch erschwert, den Untergebenen benimmt er indessen jeden Vorwand zur Unbotmäßigkeit. Wie leicht hätte sich jemand ausreden können: Nur weil mein Lehrer schlecht war, bin ich nachlässig geworden. Dieser Ausrede hat er den Boden entzogen. Es liegt ihn so sehr daran, das Ansehen der Gesetzeslehrer trotz ihrer Verkehrtheit aufrechtzuerhalten, dass er, ungeachtet seines oftmaligen früheren Tadels, jetzt dennoch gebietet: „Alles, was sie immer euch sagen, das tuet.“ Denn die Satzungen, die sie vortragen, sind nicht von ihnen, sondern von Gott, der sie durch Moses gegeben hat. Beachte hierbei, welch große Ehrerbietung Christus gegen Moses an den Tag legt. Um seine Übereinstimmung mit dem Alten Bunde zu beweisen, leitet er von ihm die Ehrwürdigkeit der Gesetzeslehrer ab, indem er spricht: „Auf dem Lehrstuhl Moses“ Da es nicht anging, für die Lehrer auf Grund ihres Lebenswandels Ehrenbezeigungen in Anspruch zu nehmen, so zieht er einen Grund heran. „Denn die Satzungen, die sie vortragen, sind nicht von ihnen, sondern von Gott, der sie durch Moses gegeben hat."

Beachte hierbei, welch große Ehrerbietung Christus gegen Moses an den Tag legt. Um seine Übereinstimmung mit dem Alten Bunde zu beweisen, leitet er von ihm die Ehrwürdigkeit der Gesetzeslehrer ab, indem er spricht: „Auf dem Lehrstuhle Moses'" . Da es nicht anging, für die Lehrer auf Grund ihres Lebenswandels Ehrenbezeigungen in Anspruch zu nehmen, so zieht er einen Grund heran, der sich wohl anführen ließ, nämlich, dass sie den Lehrstuhl als Nachfolger Moses innehaben. Wenn der Herr sagt: „Alles", so versteht er darunter nicht alle einzelnen Bestimmungen des Gesetzes, z. B. die Vorschriften über die Speisen, die Opfer u. dgl. So konnte er es gar nicht meinen, da er ja vorher schon diese Gebote aufgehoben hatte. Der Ausdruck: „Alles" umfasst nur die Vorschriften, die sich auf die Besserung der Sitten und des Lebens beziehen, soweit sie mit den Gesetzen des Neuen Bundes übereinstimmen, nicht aber die Forderung, auch weiterhin unter dem Joche des Gesetzes zu stehen.

Warum aber leitet er diese Vorschriften nicht vom Bunde der Gnade, sondern vom Gesetze Moses' ab? Weil er vor seinem Tode am Kreuze noch nicht offen darüber sprechen durfte. Mich will es indes bedünken, dass in seinen Worten noch eine andere Andeutung lag. Da er nämlich im Begriffe stand, die Schriftgelehrten zu S. d1033 tadeln, so will er zuerst der Meinung der Unverständigen vorbeugen, als trachte er nach dem Amte der Lehrer oder als liege Gehässigkeit seinem Vorgehen zugrunde. Erst nachdem er sich gegen einen solchen Verdacht gesichert hat, geht er zum Tadel über. Warum tadelt er sie aber und hält eine so lange Rede gegen sie? Er wollte das Volk vor einem ähnlichen Verderben warnen. Es kommt nämlich nicht auf dasselbe hinaus, ob man bloß warnt oder auch die Fehlenden nennt, ebensowenig wie es dasselbe ist, bloß die Pflicht zu preisen oder auch auf die Pflichtgetreuen hinzuweisen. Darum schickt er auch die Warnung voraus: „Nach ihren Werken handelt nicht." Sie hätten leicht der Meinung sein können, sie müssten wegen der Pflicht des Gehorsams ihre Lehrer auch nachahmen. Deshalb klärt er sie durch diese Bemerkung auf und stellt das, was für die Pharisäer ein Gegenstand der Ehre zu sein schien, als Anlass zur Schuld hin. Oder kann es wohl etwas Erbärmlicheres geben, als einen Lehrer, dessen Jünger nur dann gerettet werden, wenn sie seinem Beispiele nicht folgen? Somit gereicht ihnen auch ihr Amt, das eine Ehre für sie zu sein schien, zum größten Vorwurfe, da sie einen Lebenswandel führen, den die Menschen nicht nachahmen können, ohne zugrunde zu gehen. Das also ist der Grund, warum er sie tadelt. Außerdem wollte er noch zeigen, dass ihr Unglaube, den sie seit jeher an den Tag legten, und der Kreuzestod, den sie ihm dann bereiteten, nicht ihm, den sie kreuzigten und dem sie den Glauben verweigerten, Schande brachte, sondern ihrer eigenen Undankbarkeit zum Vorwurfe gereichte.

Beachte, wie er anhebt und den Tadel allmählich steigert! „Denn sie reden wohl", spricht er, „tun aber nicht." Ist schon jedermann, der das Gesetz übertritt, straffällig, dann besonders, wer das Ansehen der Lehrgewalt genießt. Einen solchen trifft mit vollem Rechte die doppelte und dreifache Strafe: Erstens, weil er das Gesetz übertritt, zweitens, weil er wegen seiner Stellung größere Strafe verdient, da er hinkt, wo er die Pflicht hat, andere zu stützen, drittens, weil er umso mehr Verderben anrichtet, wenn er sich als Lehrer Übertretungen zuschulden kommen lässt. Hieran knüpft der S. d1034 Herr noch eine weitere Anschuldigung, nämlich, dass sie gegen andere, die das Gesetz übertreten, strenge vorgehen.

V. 4: “Denn sie binden schwere und unerträgliche Lasten zusammen und legen sie auf die Schultern der Menschen; mit ihrem Finger aber wollen sie dieselben nicht bewegen.“

Damit zeigt Jesus, dass ihre Bosheit zweifach ist, einmal, weil sie von ihren Untergebenen äußerste Strenge des Lebens fordern, dann aber, wenn sie sich selbst die größte Zügellosigkeit gestatten. Ein guter Oberer muss gerade das Gegenteil tun; seine eigene Person unerbittlich und strenge, die Untergebenen voll Nachsicht und Milde behandeln; die Schriftgelehrten machten es umgekehrt.


  1. von David und dem Messias ↩

  2. Dtn 6,4 ↩

  3. der Gesetzeslehrer ↩

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