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Works John Chrysostom (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Einundachtzigste Homilie. Kap. XXVI,V.17-25.

3.

Welche Verblendung! Wie weit hat sie ihn geführt? Das ist eben der Geldgier eigen, sie macht die Menschen töricht und unvernünftig, frech und hündisch; ja noch schlimmer als Hunde, sie macht sie aus Hunden zu Teufeln. Judas schloss sich dem Teufel an, der ihn fangen wollte, und verriet Jesus, der ihm wohl wollte; damit war er aus freiem Willen schon zum Teufel geworden. So, wie Judas war, macht die unersättliche Gier nach Geld auch andere toll, wahnsinnig, ganz versessen auf Gewinn. Wie kann aber Matthäus mit den anderen1 berichten, dass der Teufel damals in ihn fuhr, als er über den Verrat verhandelte, Johannes hingegen, dass „nach dem Bissen der Satan in ihn fuhr“?2 , und er musste es doch wissen, da er früher erzählt: „Während das Abendmahl gehalten wurde, nachdem der Teufel es bereits in das Herz des Judas eingegeben hatte, dass er ihn verrate“3 . Wie kommt es, dass er nun sagt: „Nach dem Bissen fuhr der Satan in ihn“? Weil der Teufel nicht unvermittelt und plötzlich in einen fährt, sondern zuerst viele Versuche macht. So geschah es auch hier. Anfangs forschte er ihn aus und machte sich unvermerkt an ihn, und als er ihn zur Aufnahme bereit fand, fuhr er S. d1158 schließlich in ihn und beherrschte ihn völlig. Wie kam es aber, dass sie beim Genusse des Osterlammes gegen das Gesetz verstießen? Es war ja nicht gestattet, sich dabei niederzulassen4 . Was ist hierauf zu erwidern? Dass sie sich erst nach dem Genusse des Osterlammes zum Abendmahle niederließen. Ein anderer Evangelist erzählt, dass der Herr an jenem Abende nicht bloß das Osterlamm aß, sondern auch sprach: „Sehnlichst habe ich verlangt, dieses Osterlamm mit euch zu essen“5 , nämlich das Osterlamm dieses Jahres. Was heißt das? Es verlangt ihn nach dem Kreuzestode, weil durch seinen Tod die Welt erlöst, die Geheimnisse eingesetzt und das Elend hinweggenommen werden sollte.

Allein nichts erweichte, nichts rührte, nicht besserte jenes gefühllose Tier. Der Herr wehklagte über ihn: „Wehe jenem Menschen“; er flößte ihm Furcht ein: „Gut wäre es gewesen, wenn er nicht geboren wäre?"; er beschämte ihn: „Wem ich den Bissen eintauche und reichen werde.“ Nichts von all dem vermochte ihn zurückzuhalten; wie eine Art Tollwut, ja wie eine noch gefährlichere Krankheit, hatte ihn die Geldgier erfasst. Sie ist ja noch schlimmer als die Tollwut. Würde wohl ein Tollwütender so etwas getan haben? Nicht Schaum geifert aus des Judas Mund, wohl aber der Tod des Herrn; er ballte nicht die Hände zur Faust, aber er streckte sie aus zum Verkaufe des kostbaren Blutes. Sein Wahnsinn war um so ärger, weil er dabei seinen gesunden Verstand besaß. Aber er redet doch kein unvernünftiges Zeug? Gibt es noch etwas Unvernünftigeres als die Rede: „Was wollt ihr mir geben und ich werde ihn euch verraten?", „Ich werde ihn verraten", so spricht der Teufel durch seinen Mund. Aber er stampfte doch nicht mit den Füßen auf den Boden? Ist es nicht viel besser, auf den Boden mit den Füßen zu stampfen, als in dieser Weise aufrecht zu stehen? Aber er schlug sich auch nicht an Steine an? Das wäre viel besser gewesen, als das Entsetzliche, das er tat. Soll ich vielleicht einen Vergleich anstellen S. d1159 zwischen den Besessenen und den Geldgierigen? Doch es darf sich dadurch niemand persönlich verletzt erachten. Wir spotten nicht über ein natürliches Leiden, sondern brandmarken die verkehrte Handlungsweise. Ein Besessener zieht nie Kleider an, schlägt sich selbst gegen Steine, läuft auf ungangbaren und rauhen Wegen dahin und wird mit aller Gewalt vom Teufel getrieben. Bietet das nicht einen schauderhaften Anblick? Wie aber, wenn ich zeige, dass die Geldgierigen ihrer Seele noch weit Schlimmeres antun, und zwar um so viel Schlimmeres, dass jenes im Vergleich damit nur eine Spielerei ist? Werdet ihr euch also vor einer solchen Krankheit hüten? Wohlan denn, lasset uns sehen, ob etwa die Habsüchtigen erträglicher sind. Keineswegs; sie sind noch unausstehlicher, und schändlicher als tausend Nackte. Es ist weit besser, der Kleider entblößt zu sein, als in Kleidern, die die Habsucht erworben hat, wie die Bacchanten des Dionysos6 herumzugehen. Wie nämlich diese in Maske und Tracht den Rasenden gleichen, so auch die Geldgierigen. Und wie bei den Besessenen der Wahnsinn schuld ist, dass sie nackt gehen, ebenso ist auch der Wahnsinn an dieser Kleidung schuld, und sie ist erbarmungswürdiger als die Nacktheit. Das will ich jetzt zu beweisen versuchen.

Welchen Wahnsinnigen halten wir wohl für ärger vom Wahnsinn befallen? Den, der nur auf sich selbst, oder den, der auf sich und alle anderen, die ihm in den Weg kommen, losschlägt? Offenbar den letzteren. So entblößen die Wahnsinnigen nur sich selbst, die Geldgierigen aber alle, mit denen sie zu tun haben. Aber, sagt man, jene zerreißen einem die Kleider. Nun, würde es jeder der Geschädigten sich nicht weit lieber gefallen lassen, dass ihm das Kleid zerfetzt, als dass ihm das ganze Vermögen genommen wird? Allein, versetzen die Wahnsinnigen einem nicht Schläge ins Gesicht? Dasselbe tun ja auch die Habsüchtigen ganz gehörig; und wenn schon nicht alle, so fügen doch alle dem Magen S. d1160 durch den Hunger heftigeres Wehe zu, als selbst die Armut. Aber sie beißen nicht mit den Zähnen. Ja, wenn sie doch nur mit den Zähnen verletzen wollten, nicht mit den Pfeilen der Habsucht, die noch schlimmer sind als Zähne. Denn: „Ihre Zähne sind Waffen und Pfeile“7 . Wer wird mehr zu leiden haben, wer einmal gebissen und dann sofort geheilt wurde, oder wer von den Zähnen der Armut gänzlich zerfleischt wird? Unfreiwillige Armut ist ja schlimmer als ein Glutofen oder ein wildes Tier. Aber sie jagen nicht in den Einöden herum wie die Besessenen. O dass sie sich doch in den Einöden und nicht in den Städten herumtrieben, dann könnten doch die Bürger in Sicherheit leben. Nun aber macht sie der Umstand zu einer noch ärgeren Plage als alle Besessenen, dass sie in den Städten ihr Wesen treiben, wie jene in den Einöden; sie machen sogar die Städte zu Einöden und rauben all ihr Eigentum, weil ebenso wie in der Einöde niemand da ist, der sie daran hinderte. Aber sie werfen die Begegnenden nicht mit Steinen? Was macht das? Vor Steinen kann man sich leicht in acht nehmen; wer aber kann sich leicht hüten vor den Wunden, die den unglücklichen Armen mit Papier und Tinte geschlagen werden, vor den Schuldverschreibungen, die unzählige Schläge austeilen?


  1. Lk 22,3 ↩

  2. Joh 13,27 ↩

  3. ebd V.2 ↩

  4. Ex 12,11 ↩

  5. Lk 22,15 ↩

  6. Dieser war bei den Griechen der Gott des Weines. Ihm zu Ehren wurden Umzüge mit Tänzen veranstaltet. Die Teilnehmer hießen Bacchanten, von Bacchus <=Dionysos ↩

  7. Ps 56,5 ↩

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