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Works Tertullian (160-220) Adversus Marcionem Die fünf Bücher gegen Marcion. (BKV)
Drittes Buch

11. Cap. Marcion hat zu dieser Hypothese nur gegriffen, um die wirkliche Geburt Christi zu beseitigen. Denn war Christus wirklich geboren, so konnte er kein anderer sein als der im alten Testament von den Propheten des Schöpfergottes angekündigte Christus.

All diesen Hokuspokus mit dem Scheinleibe in Christo hat Marcion nur in der Absicht angefangen, damit nicht die wahre menschliche Substanz Christi zu einem Schutzzeugnisse für seine wirkliche Geburt verwendet werde und er somit doch als der Christus des S. 229 Schöpfergottes dastehe, weil in betreff seiner geweissagt wurde, dass er des Geborenwerdens fähig und deswegen auch mit einem Leibe versehen sein werde. Auch hier geht der Mann aus Pontus sehr einfältig zu Werke. Denn man würde sich bei Gott eher einen durch Geburt entstandenen Leib gefallen lassen, als einen scheinbaren, da die Engel des Schöpfergottes, indem sie auch in einem realen Leibe auftraten, der nicht geboren war, dem Glauben daran vorarbeiteten. Darum hat die bekannte Philumena dem Apelles und den übrigen abtrünnigen Schülern des Marcion die Ansicht beigebracht, Christus habe zwar in ehrlicher Weise einen Leib gehabt, aber einen, der nicht durch Geburt entstanden, sondern von den Elementen entlehnt war. Wenn Marcion besorgte, dass der Glaube an die Wirklichkeit des Leibes auch den Glauben an dessen Geburt zur Folge haben werde, so unterliegt es, behaupte ich, gar keinem Zweifel, dass der, welcher als Mensch erschien, auch für einen geborenen gehalten wurde. Denn es that ein Weib .den Ausruf: „Selig ist der Leib, der dich getragen und die Brüste, die du gesogen.“1 Und wie hätte von seiner Mutter und seinen Brüdern die Rede sein können, die draussen standen.2 Wir werden uns diese Stellen seinerzeit noch ansehen. Gewiss ist, wenn er sich Menschensohn nannte, so hat er auch seine Geburt eingestanden.

Um alles dies bis zur Prüfung des Evangeliums zu versparen3, bemerke ich doch, wie oben festgestellt, für jetzt so viel: Wenn er als Mensch erschien und darum jedenfalls auch für einen solchen gehalten werden musste, der geboren war, so war es eine Thorheit, sich einzubilden, der Glaube an seine wirkliche Geburt sei durch das Hilfsmittel eines Scheinleibes wieder zu beseitigen. Denn was nutzte es, dass das, was wirklich vorhanden zu sein schien, doch nicht wirklich da war, der Leib nämlich und die Geburt? Wolltest Du aber etwa sagen: Was liegt denn an der Ansicht der Leute? so heisst das so viel, als Deinen Gott sofort mit dem Titel eines Betrügers beehren, wenn derselbe sich bewusst war, etwas anderes zu sein als das, wofür die Menschen ihn hielten. Du hättest ihm dann auch gleich die scheinbare Geburt beilegen können; dann hättest Du damit diese weitere Schwierigkeit vermieden. Es kommt ja manchmal auch vor, dass die Weiber glauben schwanger zu sein, wenn sie von Blut oder sonst infolge eines ungesunden Zustandes aufgeschwollen sind. Wer eine Maske der Leibessubstanz an sich trug, hätte jedenfalls die Pflicht gehabt, die Scenerie des Gespensterhaften ganz zu durchlaufen und nicht die Entstehungsweise desselben zu überspringen.

Den Betrug betreffs der Geburt hast Du nun allerdings abgewiesen. Du hast nämlich den Leib selbst für einen recht tüchtigen Betrug S. 230 ausgegeben.4 Denn eine wirkliche Geburt wäre ja für Gott selbstverständlich etwas höchst unpassendes. — Wohlan denn, peroriere nun gegen jene heiligen und ehrwürdigen Veranstaltungen der Natur, schimpfe auf alles, was Du bist, mache den Ursprung des Leibes und der Seele5 herunter, nenne den Mutterleib, die Werkstätte zur Hervorbringung eines so erhabenen Wesens, wie der Mensch ist, eine Kloake; ergehe Dich in Redensarten über die Unsauberkeit und Schmählichkeit der Geburtswehen, sowie über den weitem unreinlichen, qualvollen und spassigen Verlauf des Kindbettes! Und doch, wenn Du alles das tüchtig herunter gesetzt und als Gottes unwürdig dargestellt hast, so wird trotzdem die Geburt des Menschen nicht unwürdiger dastehen als sein Sterben, die Kindheit nicht niedriger als das Kreuz, die Natur nicht unwürdiger als die Strafe und die Verurteilung nicht schlimmer als der Leib. Wenn Christus dies alles wirklich gelitten hat, so wäre es weniger gewesen, sich der Geburt zu unterziehen. Hat er zum Schein gelitten, als eine Art Gespenst, so konnte er auch zum Schein geboren werden.

Dass diese Hauptbeweise Marcions, womit er Christus zu einem andern macht, durchaus keinen Bestand haben, ist, scheint mir, zur Genüge von uns bewiesen, wenn wir lehren, dass die Wirklichkeit der äussern Erscheinung, in welcher Gott seinen Christus vorstellte, Gottes würdiger ist, als der Schein davon. Wenn er Realität hatte, so hatte er einen Leib; hatte er einen Leib, so war er auch geboren. Denn was von dieser Häresie bekämpft wird, das findet seine Bestätigung, wenn das, womit es bekämpft wird, in sich zerfällt. Wenn also die Annahme eines Leibes in Christo seine Geburt und die Vorstellung, dass er einen Leib gehabt, bedingt, weil er kein Phantom war, so wird man ihn als den, dessen Ankunft im Fleische und dessen Geburt durch die Propheten des Schöpfergottes angekündigt wurde,6 mithin als den Christus des Schöpfergottes anerkennen müssen.


  1. Luk. 11, 27. ↩

  2. Ebend. 8, 19. ↩

  3. In Buch IV und V gegen Marcion. ↩

  4. Der Text bei Öhler bietet hier veram, ich vermute aber, es sei zu lesen verum scil. mendacium. ↩

  5. Generatianisch. Vergl. das Buch de anima. ↩

  6. Is. 7, 14. ↩

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Die fünf Bücher gegen Marcion. (BKV)
Commentaries for this Work
Appendix to the Five Books Against Marcion

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