LXII. KAPITEL. Von den Priestern des Klosters.
1 Will sich der Abt einen Priester oder Diakon weihen lassen, so wähle2 er einen aus den Seinigen aus, der würdig ist, des Priesteramtes zu walten. Der Geweihte hüte sich vor Stolz und Hoffart. Er dränge sich in keine Angelegenheit ein, die ihm nicht vom Abt übertragen ist, und wisse, daß er weit strenger an die klösterliche Zucht gebunden ist. Auch werde ihm die priesterliche Würde nie Anlaß, die Regeltreue und die Klosterordnung aus dem Auge zu lassen, vielmehr soll er Gott immer näher und näher kommen.
Er nehme stets den Platz ein, an dem er bei seinem S. 314Eintritt ins Kloster stand, außer beim Dienst am Altare, oder wenn die Wahl der Gemeinde und der Wille des Abtes ihn seiner Verdienste wegen an einen höheren Platz stellen will. Doch wisse er, daß er dann die für die Dekane und Prioren aufgestellte Satzung beobachten muß. Handelt er dieser zuwider, so sehe man in ihm nicht mehr den Priester, sondern einen Empörer. Wenn er sich trotz öfterer Mahnung nicht bessert, nehme man auch den Bischof zum Zeugen. Zeigt er dann noch keine Besserung und liegt seine Schuld offen zutage, so werde er aus dem Kloster verstoßen, allein nur dann, wenn er so widerspenstig ist, daß er sich der Regel nicht unterwerfen noch ihr gehorchen will.
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Der Abt des Klosters war ursprünglich nicht notwendig Priester; auch der heilige Benedikt war vielleicht nur Diakon [vgl. L'Huillier, S. Benoit [Paris 1905] 267-70 gegen E. Schmidt in Stud. u. Mitt. 22 [1901] 3—22; 26 [1904] 42—62]. Eine römische Synode von 826 [canon 27] schrieb vor, daß der Abt Priester sein müsse. ↩
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Der Abt präsentiert also selbst dem Bischof einen Mönch zur Weihe. Wir haben hier an dieser Stelle, wie auch gegen Ende dieses Kapitels und im Kap. 64 Andeutungen über das Verhältnis des Klosters zum Diözesanbischof, über die Anfänge der Exemption; vgl. über die geschichtliche Entwicklung der Exemption A. Hüfner im Archiv für kathol. Kirchenrecht 86 [1906]; 87 [1907]. ↩