43. Enthaltsamkeit.
Deshalb streben demütige Diener Christi, die ihrem Herrn ungehindert und ohne schädliche Ablenkung der Seele dienen wollen, überhaupt nicht nach der Ehe und enthalten sich ferner von Fleisch und Wein, soweit ihre Gesundheit es zuläßt. Nicht, als ob es eine Sünde wäre, einen Gatten zu haben oder Fleisch und Wein zu genießen; sagt ja doch der heilige Apostel: „Alles, was Gott erschaffen hat, ist S. 162 gut; nichts ist verwerflich, wenn es mit Dank genossen wird; es wird ja geheiligt durch Gottes Wort und das Dankgebet“1 Auch die Ehe hat Gott unter den Stammeltern eingesetzt und gesegnet. Darum spricht der Apostel: „Ehrbar sei die Ehe in allen Stücken und unbefleckt das Ehebett.“2 Daher fliehen die Diener Gottes, wenn sie sich des Fleisches und Weines enthalten, nicht wie vor unreinen Dingen, sondern sie folgen den Gesetzen eines vollkommeneren Lebens; und wenn sie keine Ehe eingehen, so sehen sie das Segensgut der Ehe nicht als Sünde an, sondern halten die ständige Enthaltsamkeit als vollkommener wie eine gute Ehe, besonders in der Zeit, da von der Enthaltsamkeit gesagt wird: „Wer es fassen kann, fasse es;“3 von der Ehe aber heißt es: „Wer nicht enthaltsam lebt, heirate!“4 In dem einen wird nämlich durch Ermahnung die Tugend auferbaut,5 in dem anderen die Schwäche der menschlichen Natur durch ein Heilmittel gestützt. Weil also stets gegen die Schwachheit Vorsorge getroffen werden soll, wird derjenige, der des Gatten beraubt wurde und eine zweite oder sogar dritte Ehe eingehen will, keine Sünde begehen, sofern er in keuscher Ehe lebt, das heißt, wenn ein Mann und eine Frau, die gesetzlich verbunden sind, sich die gegenseitige Treue halten, so daß jener weder mit einem Weib außer seiner Ehefrau, noch jene mit einem Mann außer ihrem Ehegatten verkehrt. Selbst wenn im Gebrauch der Ehe eine Ausschweifung vorkäme, jedoch ohne Verletzung der rechtmäßigen Ehe, wäre es zwar eine Sünde, aber nur eine läßliche.