• Home
  • Works
  • Introduction Guide Collaboration Sponsors / Collaborators Copyrights Contact Imprint
Bibliothek der Kirchenväter
Search
DE EN FR
Works Boethius, Anicius Manlius Severinus (480-524) Philosophiae consolatio

Translation Hide
Trost der Philosophie (BKV)

V.

Was freut euch denn so sehr, Erregung schaffend,

Daß ihr mit eigner Hand anlockt euer Geschick?

Wie, strebt ihr nach dem Tod? Der naht von selber,

Freiwillig hemmt er nie sein geflügelt Grespann.

Ihr, die Tiger und Bär, Leu, Schlange, Eber

Scharfen Zahns bedrohn, droht mit dem Schwerte euch selbst.

S. 139 Weil euch Sitte und Brauch zu sehr entfremden,

Stürzt ihr in wilden Streit euch und frevelnden Krieg,

Wollt einander mit euren Spießen morden?

Kein vernünftiger Grund ist, der die Wildheit erklärt.

Willst du wahr nach Verdienst Vergeltung üben?

Liebe die Guten nach Recht, Böser erbarme dich mild.

V. Hierauf sagte ich: Ich sehe, welcherlei Glück und Elend der Guten und Bösen in Verdienst und Schuld begründet ist. Aber ich erwäge, wie in diesem alltäglichen Schicksal selbst sowohl etwas Gutes, wie etwas Schlechtes enthalten sei. Denn auch keiner der Weisen möchte lieber verbannt, arm, schmachbeladen, statt reich an Gütern, ansehnlich durch Ehre, stark durch Macht in seiner Heimatstadt bleiben und gedeihn; denn klarer und deutlicher werden auch die Pflichten der Weisheit vollzogen, wenn gewissermaßen die Glückseligkeit der Lenker auf die Völker, die zu ihnen gehören, überströmt, während insbesonders Kerker, Tod und die übrigen Qualen richterlicher Strafen eher den schädlichen Bürgern gebühren, für die sie festgesetzt sind. Weshalb also dieses sich völlig umkehrt, warum die Strafen der Verbrecher die Guten bedrängen, die Bösen die Belohnungen der Guten an sich reißen, darüber wundere ich mich sehr und wünsche von dir zu wissen, was der Grund dieser ungerechten Verwirrung ist. Ich würde mich weniger wundern, wenn ich glaubte, daß alles durch ein willkürliches Ungefähr durcheinander gemischt werde. Jetzt häuft sich mein Erstaunen, weil Gott der Leiter ist; wenn er oft den Guten das Angenehme, den Schlechten das Rauhe, und dann wieder im Gegenteil den Guten das Harte, den Schlechten das Erwünschte zugesteht, was unterscheidet dann ihn, wenn nicht ein Grund dafür entdeckt wird, vom willkürlichen Zufall? – Nicht verwunderlich ist es, sagte sie, wenn etwas für willkürlich und verworren gehalten wird, weil man den vemünftigen Grund der Ordnung nicht kennt. Aber wenn du auch den Grund der vollkommenen Ordnung nicht kennst, solltest du doch nicht zweifeln, daß alles richtig geschehe, da ja ein guter Lenker die Welt lenkt.

V. Wer nicht weiß, wie dem Pol nahe das Sternbild

Des Arkturus kreist, gleitend vom Gipfel,

Wie den Wagen erst spät anschirrt Bootes,

Zögemd nur ins Meer eintaucht die Flammen,

Dann sehr schnell wiederum eilet zum Aufgang,

Staunet, welch Gesetz herrschet im Äther.

Wenn des Vollmondes Licht plötzlich erbleichet,

Ihn der Mitternacht Schatten verdunkeln,

S. 141 Und die Sterne darauf wieder erscheinen,

Die sein Strahlenlicht erst noch verdeckte.

Dann erreget das Volk üblicher Irrtum,

Und vom häufigen Schlag tönen die Erze.

Aber keiner erstaunt, wenn wild der Nordsturm

Ans Gestade stößt brausende Fluten,

Oder wenn des Schnees eisige Kruste

Im Gebirge taut Hitze der Sonne;

Denn hier ist jeder Grund leicht zu durchschauen.

Nur Verborgenes bringt Herzen Verwirrung;

Nur was längere Zeit selten hervorbringt,

Unvermutet, bestaunt schwankendes Volk es.

Weicht dann Unwissenheit, nebliger Irrtum,

So verschwinden gleich Wunder des Scheines.

Edition Hide
Consolatio philosophiae

V.

[1] Hic ego: Video, inquam, quae sit vel felicitas vel miseria in ipsis proborum atque improborum meritis constituta. [2] Sed in hac ipsa fortuna populari non nihil boni malive inesse perpendo. Neque enim sapientum quisquam exsul, inops ignominiosusque esse malit potius, quam pollens opibus, honore reverendus, potentia validus in sua permanens urbe florere. [3] Sic enim clarius testatiusque sapientiae tractatur officium, cum in contingentes populos regentium quodam modo beatitudo transfunditur, cum praesertim carcer ceteraque legalium tormenta poenarum perniciosis potius civibus, propter quos etiam constitutae sunt, debeantur. [4] Cur haec igitur versa vice mutentur scelerumque supplicia bonos premant, praemia virtutum mali rapiant, vehementer admiror, quaeque tam iniustae confusionis ratio videatur, ex te scire desidero. [5] Minus etenim mirarer, si misceri omnia fortuitis casibus crederem. Nunc stuporem meum deus rector exaggerat. [6] Qui cum saepe bonis iucunda, malis aspera contraque bonis dura tribuat, malis optata concedat, nisi causa deprehenditur, quid est, quod a fortuitis casibus differre videatur?

[7] Nec mirum, inquit, si quid ordinis ignorata ratione temerarium confusumque credatur. Sed tu quamvis causam tantae dispositionis ignores, tamen, quoniam bonus mundum rector temperat, recte fieri cuncta ne dubites.

Si quis Arcturi sidera nescit

Propinqua summo cardine labi,

Cur regat tardus plaustra Bootes

Mergatque seras aequore flammas,

Cum nimis celeres explicet ortus,

Legem stupebit aetheris alti.

Palleant plenae cornua lunae

Infecta metis noctis opacae,

S. 140 Quaeque fulgenti texerat ore,

Confusa Phoebe detegat astra;

Commovet gentes publicus error,

Lassantque crebris pulsibus aera.

Nemo miratur flamina cori

Litus frementi tundere fluctu

Nec nivis duram frigore molem

Fervente Phoebi solvier aestu.

Hic enim causas cernere promptum est,

Illic latentes pectora turbant.

Cuncta, quae rara provehit aetas,

Stupetque subitis mobile vulgus.

Cedat inscitiae nubilus error,

Cessent profecto mira videri.

  Print   Report an error
  • Show the text
  • Bibliographic Reference
  • Scans for this version
Editions of this Work
Consolatio philosophiae
Translations of this Work
Trost der Philosophie (BKV)
Commentaries for this Work
Nachwort Trost der Philosophie

Contents

Faculty of Theology, Patristics and History of the Early Church
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Imprint
Privacy policy