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Keiner frage, warum denn Gott, obgleich er das Unglück voraussah, das über den Menschen infolge seiner S. 20 Torheit kam, zur Erschaffung des Menschen schritt, für den es vielleicht besser gewesen wäre, nicht erschaffen zu werden, als von Übeln umgeben zu sein. Derartiges pflegen die durch Täuschung verführten Anhänger der manichäischen Lehren zur Aufrechterhaltung ihres Irrtums vorzubringen, um dadurch nachzuweisen, daß der Schöpfer der menschlichen Natur ein böses Wesen sei. Denn wenn Gott alles weiß, der Mensch aber voll Elend ist, so könnten wir vielleicht gar unseren Begriff von der göttlichen Güte nicht mehr festhalten, wenn er ja den Menschen dazu ins Dasein rief, damit er nachher mitten im Elend lebe. Kommt es nämlich einer guten Natur durchaus zu, nur Gutes zu schaffen, so können wir, wirft man ein, unser trauriges und hinfälliges Leben nicht auf die schöpferische Tätigkeit des guten Gottes zurückführen, sondern müssen für den Schöpfer eines solchen Lebens einen anderen halten, dessen Natur starke Neigung zum Bösen hat. Denn dies und Ähnliches scheint allerdings denen, welche den häretischen Irrtum wie eine Beize tief in sich aufgenommen haben, wegen der oberflächlichen Wahrscheinlichkeit eine gewisse Stärke zu besitzen, alle aber, welche gründlicher nach Wahrheit forschen, sehen deutlich, daß eine solche Ansicht falsch und leicht als trügerisch zu erweisen ist.
Wir werden gut daran tun, den Apostel als Wortführer bei der Widerlegung der Gegner zu wählen. In seinem Brief an die Korinther (1 Kor. 2, 15 ff.) unterscheidet er zwischen fleischlichen und geistigen Seelenverfassungen und mahnt in seinen Darlegungen, wie ich glaube, man solle das Gute und Schlimme nicht nach dem sinnlichen Eindruck beurteilen, sondern, ohne die Wirkungen auf den Leib zu beachten, die Natur des Guten und seines Gegenteils an und für sich untersuchen; denn der Geistige, sagt er, beurteilt alles. Wie ich vermute, wurden unsere Gegner zu ihrem erwähnten Irrtum dadurch veranlaßt, daß sie den Begriff des Guten nach dem Genuß, den es für den Leib gewährt, umschrieben und folgerichtig alsdann, da nun einmal unser Körper, weil zusammengesetzt und der Auflösung entgegengehend, notwendig Leiden und Krankheiten unterworfen ist, diese aber wiederum im Körper Schmerzen hervorrufen, S. 21 zu der Meinung kamen, die Erschaffung des Menschen sei das Werk eines bösen Gottes.