III.
Er gibt auch den Grund an, warum er Gott danke, daß er Keinen getauft habe. Welches ist nun dieser?
S. 43 15. Damit doch Niemand sagen könne, daß ihr auf meinen Namen getauft seid.
Wie aber? Wirft er ihnen Dieses wirklich vor? Keineswegs, sondern er will sagen: Ich fürchte, es möchte mit der Krankheit so weit kommen. Denn wenn schon eine Spaltung entstand, da gemeine und unberühmte Männer tauften; so wären vielleicht, wenn ich, der ich die Taufe Predigte, selbst Viele getauft hätte, Menschen zusammengetreten, um sich nach meinem Namen zu nennen oder gar die Kraft der Taufe mir zuzuschreiben. Wenn schon geringere Personen ein so großes Übel verursachten, so hätten höhere ohne Zweifel noch ein weit größeres veranlaßt.
Nachdem er so die Übelgesinnten zurechtgewiesen und hinzugefügt hatte:
16. Doch ja, die Familie des Stephanas habe ich getauft;
demüthigt er wieder ihren Hockmuth, indem er spricht: „Übrigens weiß ich nicht, ob ich irgend einen Andern getauft habe.“ Dadurch zeigt er, daß er sich hiermit weder Ehre vor dem großen Haufen erwerben wollte noch des Ruhmes wegen dorthin gekommen sei. Doch nicht nur dadurch, sondern auch durch das Folgende schlägt er ihren Übermuth nieder mit den Worten:
17. Denn Christus hat mich nicht gesandt zu taufen, sondern das Evangelium zu verkünden.
Denn dieses Amt war beschwerlicher, erforderte eine große Mühe und einen eisernen Muth und umfaßte Alles; darum verwaltete Paulus dasselbe.
Aber warum taufte er denn, wenn er nicht gesandt war zu taufen? Das that er nicht gegen den Willen dessen, S. 44 der ihn gesandt hatte, sondern er that es noch nebenher; denn er sagt nicht: Es ist mir verboten worden, sondern: Ich bin nicht dazu gesandt worden, sondern zu Etwas, was weit wichtiger ist. Denn das Evangelium verkünden kann nur der Eine oder der Andere, taufen aber kann Jeder, der die Priesterwürde hat.1 Wenn ein Mensch unterrichtet und überzeugt ist, so kann ihn Jedermann taufen, da nun Alles auf den Willen des Täuflings und auf die Gnade Gottes ankommt. Handelt es sich aber darum, Ungläubige zu unterrichten, so erheischt Das viele Arbeit und große Weisheit; damals war es auch noch mit Gefahr verbunden. Im ersteren Falle ist schon Alles gethan: der Täufling ist überzeugt, und es ist nun nichts Großes, denselben, wenn er überzeugt ist, zu taufen. Hier aber kostet es viele Mühe, seinen Willen anders zu lenken, ihm eine andere Gesinnung beizubringen, den Irrthum auszurotten und die Wahrheit einzupflanzen. Jedoch drückt er sich nicht auf diese Weise aus, beweist die Sache nicht so und sagt das Taufen mache keine Mühe, anders verhalte es sich mit dem Predigen (denn er weiß immer den rechten Ausdruck zu wählen): sondern er läßt sich tiefer ein in eine Vergleichung mit der weltlichen Weisheit und kann so eine kräftigere Sprache führen. Er taufte also nicht gegen den Willen dessen, der ihn gesandt hatte, sondern verfuhr hierin, wie er es auch in Betreff der Wittwen machte, wovon die Apostel gesagt hatten: „Es geht nicht an, daß wir das Wort Gottes hintansetzen und für den Unterhalt der Armen sorgen.“2 Er sorgte doch dafür, nicht den Aposteln widerstrebend, sondern aus Übermaß der Liebe. So ist es nun auch hier. Wir übertragen nämlich auch jetzt noch den weniger gelehrten Priestern das Amt zu taufen, den gelehrtern aber das Predigtamt; denn dieses kostet Arbeit und S. 45 Schweiß. Darum sagt er auch selbst: „Priester, die würdig vorstehen, halte man doppelter Ehre werth, vorzüglich die, welche sich mit Lehre und Unterricht beschäftigen.“3 Denn gleichwie nur ein tüchtiger und geschickter Fechtmeister die jugendlichen Fechter unterrichten, hingegen auch ein im Fechten Unerfahrener dem Sieger die Krone aufsetzen kann und die Klone doch den Sieger verherrlicht: so verhält es sich auch mit der Taufe; denn ohne diese ist es nicht möglich, selig zu werden, und dennoch thut der Taufende nichts Großes, da er den Täufling schon vorbereitet und und willig findet.
„Nicht mit Rednerkunst, damit das Kreuz Christi nicht entkräftet werde.“ Nachdem er den Hochmuth Derjenigen, welche sich wegen des Taufens viel einbildeten, niedergeschlagen, kommt er nun an Diejenigen, die mit ihren Redekünsten prahlten, und gegen diese kämpft er nun deftiger an. Denn zu Denjenigen, die auf das Taufen stolz waren, sagt er: „Ich danke, daß ich Keinen getauft habe,“ und: „Christus hat mich nicht gesandt, um zu taufen.“ Er bedient sich keiner so kräftigen und strengbeweisenden Sprache, sondern deutet das Wenige, was er sagen wollte, nur im Vorübergeben an. Hier aber führt er gleich Anfangs einen gewaltigen Schlag, indem er sagt: „damit das Kreuz Christi nicht entkräftet werde.“ Was prahlst du nun mit einer Sache, deren du dich schämen solltest? Denn wenn diese Rednerkunst das Kreuz Christi bekriegt und die Evangelien bekämpft, so solltest du dich derselben nicht rühmen, sondern schämen. Das war nämlich der Grund, warum die Apostel keine Redekünstler waren, nicht als wäre die Gnade hiezu nicht mächtig gewesen, sondern damit das Predigtamt S. 46 dadurch nicht geschädigt würde. Also nicht jene Redekünstler halfen dem Worte Gottes auf, sondern sie schadeten vielmehr; hingegen die Ungeübten verschafften ihm Aufnahme. Das war im Stande, ihren Stolz zu brechen, ihre Aufgeblasenheit zu dämpfen und sie zu lehren, bescheiden zu sein. Aber, heißt es, wenn nicht mit Rednerkunst, — warum sandten sie den gewandten Redner Apollo? Nicht weil sie auf die Kraft seiner Rede vertrauten, sondern, weil er sehr schriftkundig war und die Juden überwies. Übrigens ist ja nur davon die Rede, daß die vornehmsten und ersten Verkündiger des Wortes keine glänzenden Redner gewesen. Denn gerade diese waren es, welche großer Stärke bedurften, um gleich Anfangs den Irrthum zu stürzen; grosser Kraft bedürfte es damals, um sich Eingang zu verschaffen.
